Die besten Tipps gegen Muskelkater

Jeder kennt ihn, keiner mag ihn…Muskelkater! Aber warum entsteht er? Wie kann man ihn vermeiden? Und wie kann man ihn bekämpfen, wenn er es sich einmal im Körper gemütlich gemacht hat? Hier gibt’s die Antworten…

Was haben eine durchzechte Nacht und ein intensives Workout gemeinsam? Der Körper ist in beiden Fällen extremer Belastung ausgesetzt. Das Ergebnis: Schmerzen am nächsten Tag. Nach der wilden Partynacht kämpft man mit dem Kater, der Kopfschmerzen verursacht. Nach dem Training mit dem Kater, der Muskelschmerzen verursacht. Während der Alkohol-Kater einigen erspart bleibt, kennt den Muskelkater so gut wie jeder. Dieser ziehende Schmerz, dieses steife Gefühl und die Sicherheit, sich nie wieder einer solchen Belastung aussetzen zu wollen. Doch was genau steckt dahinter? Warum tut das so weh und was kann ich dagegen tun?

Muskelkätzchen?

„Muskelkater ist harmlos“, schreibt der Sportwissenschaftler Jan Pauls in seinem Buch über Krafttraining. Die Schmerzen können zwar teilweise sehr stark sein, doch sie vergehen und hinterlassen keinen bleibenden Schaden. Im Gegenteil, der Muskelkater sorgt für eine Veränderung im Muskel, die sich im Nachhinein positiv auf die Leistung auswirken kann. Der Schmerz im Muskel weist also nicht auf eine bedenkliche Verletzung hin. Andreas Klose, Sportwissenschaftler und Lehrbeauftragter an der Uni Münster bestätigt, dass „der Körper die Muskeln so repariert, dass sie nachher ein höheres Niveau erreichen“.

Schmerz mit Verspätung

Der Fachbegriff für den Muskelkater ist „Delayed Onset Muscle Soreness“, kurz DOMS. Wie der Name schon sagt, ist der Muskelkater ein Muskelschmerz, der nicht direkt nach der Belastung, sondern verzögert auftritt. Der erste Schmerz tritt in der Regel 8 bis 24 Stunden nach der Belastung auf, den Höhepunkt erreicht er meist am zweiten Tag und klingt dann binnen einer Woche ab. Sollte der Schmerz länger anhalten, kann es sein, dass es sich um eine schwerwiegendere Beeinträchtigung des Muskels handelt. In diesem Fall sollte ein Arztbesuch in Betracht gezogen werden, wie auch Jan Pauls erklärt.

Auslöser

Krafttraining auf einem Bein – eine wackelige Angelegenheit.

Lange Zeit ging man davon aus, dass der Muskelkater durch eine „Übersäuerung“ der Muskulatur hervorgerufen wird. Bei hoher, intensiver Belastung produziert der Muskel Milchsäure (Laktat). Dieser gab man die Schuld an dem Muskelschmerz. Mittlerweile sind sich Wissenschaftler einig, dass die Schmerzen bei einem Muskelkater durch winzige strukturelle Verletzungen in der Muskelfaser hervorgerufen werden. Diese Mikrotraumata verursachen Entzündungsherde im Muskel, Wasser tritt aus und bildet Ödeme. Der Muskel schwillt an, wird weniger dehnfähig und fühlt sich dadurch steifer an. Das Ergebnis sind nicht nur Schmerzen, sondern auch eine verminderte Kraftfähigkeit des Muskels.

Der Schmerz wird also durch winzige Risse in der Muskelfaser ausgelöst. Aber warum entstehen sie? Na, durch Sport eben. Weiß doch jeder. Wenn die Antwort so einfach wäre, müsste man ja nach jedem Training Muskelkater verspüren. Ist aber nicht so. Weiß auch jeder. Welche Belastungen sind also verantwortlich? Prof. Dr. Dieter Böning, jahrelanger Leiter des Instituts für Sportmedizin der Berliner Charité und Spezialist für Physiologie, macht eine „unvollkommene intramuskuläre Koordination“ für den Muskelkater verantwortlich. Intramuskuläre Koordination beschreibt das Zusammenspiel der einzelnen Muskelfasern innerhalb eines Muskels. Je besser diese Koordination, desto mehr Fasern können gleichzeitig kontrahieren und somit eine höhere Kraftleistung des Muskels erzielen. Je vertrauter eine Bewegung oder Belastung, desto besser ist in der Regel die intramuskuläre Koordination. Prof. Böning nennt einige Situationen, die Muskelkater hervorrufen und eine mangelnde intramuskuläre Koordination gemeinsam haben:

Ungewohnte körperliche Aktivität

Es muss nicht immer ein anstrengendes Sportprogramm sein, das einen Muskelkater auslöst. Da hat man dem besten Freund beim Umzug geholfen und am nächsten Tag schmerzen Arme und Beine. Wenn man sonst wenig körperlicher Anstrengung ausgesetzt ist, kann bereits ein geringer Belastungsreiz einen Muskelkater hervorrufen. Es kann aber auch sein, dass man nach einer Verletzungspause wieder ins Training einsteigt und dann nach eigentlich bekannten Bewegungen unter Muskelschmerzen leidet.

Neue, noch nicht perfekt beherrschte Bewegungen bei sonst gut trainierten Sportlern

Dass Leistungssportler von Muskelkater verschont bleiben, ist ein Mythos. Sie sind zwar Spezialisten auf ihrem Gebiet, doch auch sie werden hin und wieder mit neuen Bewegungsmustern konfrontiert. Wenn zum Beispiel ein Turner eine neue Übung trainiert, kann es aufgrund der ungewohnten Belastung zu einem Muskelkater kommen.

Sprungbereit: Beim Beachvolleyball liegt man(n) oder frau schonmal waagerecht in der Luft.

Besonders starke Belastung bei trainierten Sportlern

Als Sportler kommt man immer wieder an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Vor allem in Wettkampfsituationen versucht man das Maximum aus sich herauszuholen. Trotz großer Erschöpfung macht man weiter, um sein Wettkampfziel zu erreichen. Genau diese Ermüdung verschlechtert aber die Koordination und kann daher auch bei bekannten Bewegungen Muskelkater verursachen.

Der Muskelkater – ein Exzentriker

Muskelkater ist also auf die Belastung durch ungewohnte Bewegungen zurückzuführen. Dazu ist noch wichtig zu wissen, dass verschiedene Arten von Muskelbelastungen, Muskelkater unterschiedlich stark bedingen. Der Sportwissenschaftler Lutz Herdener, Dozent für Trainingswissenschaften an der TU München, lehrt in seiner Vorlesung eine weitere Bezeichnung für Muskelkater: Eccentric Muscle Damage. Exzentrisch ist hierbei kein Synonym für „merkwürdig“, sondern eine Form der Muskelarbeit. Exzentrische Belastungen treten bei Abbremsbewegungen auf, zum Beispiel beim Abstoppen im Lauf, beim Bergabgehen oder beim Absenken der Langhantel während dem Bankdrücken. Hierbei erreicht der Muskel seine höchste Kraftleistung. Die Strukturen in den Muskelfasern werden bei der exzentrischen Belastung am meisten beansprucht, weshalb Muskelkater nach einer solchen Belastung am häufigsten eintritt.

Muskelkater vorbeugen?

Nun, da die Hintergründe und die Entstehung des lästigen Muskelschmerzes geklärt sind, stellt sich die Frage, wie man das Ganze denn verhindern kann. Aussagekräftige wissenschaftliche Studien halten sich in Grenzen, doch dafür kursiert umso mehr gefährliches Halbwissen. Folgende Maßnahmen können aber erfahrungsgemäß helfen.

Das musst du erlebt haben

„Die beste Vorbeugung für Muskelkater ist es, ihn für eine bestimmte Bewegungsform bereits erlitten zu haben.“, Prof. Böning bringt es auf den Punkt. Für eine bekannte Bewegung bzw. Belastung bekommt man in der Regel keinen Muskelkater mehr, sofern man sie regelmäßig durchführt. Dies bestätigt auch Andreas Klose, denn „der Körper passt sich relativ schnell der neuen Belastung an“, so der Sportwissenschaftler. Bereits nach dem dritten Belastungsreiz sei der Muskel auf einem Niveau, auf dem man keinen Muskelkater mehr spürt.

Langsam aber sicher

Ein weiterer Rat ist, sich neuen Bewegungen langsam zu nähern. Jan Pauls rät deshalb, „Trainierende sanft und langsam an neue Übungen und ungewohnte Bewegungen zu gewöhnen“. Dadurch wird der Muskel weniger beansprucht oder überfordert, die intramuskuläre Koordination wird stetig gesteigert und die Wahrscheinlichkeit für Mikrotraumata und folglich Muskelkater sinkt.

Kälte

In einer australischen Studie von 2011 wurden Probanden nach einer intensiven sportlichen Belastung mit Kälteanwendungen in Form von Eismannschetten behandelt. Die Behandlung zeigte keine signifikante Verbesserung der Leistungsfähigkeit oder einen schnelleren Heilungsprozess als in der Kontrollgruppe. Die Kältetherapie verbesserte lediglich das subjektive Schmerzempfinden der Probanden. Kälteanwendungen nach der Belastung helfen also lediglich dabei, den Schmerz zu lindern.

Muskelkater behandeln

Dehnen kann schmerzhaft sein, bewirkt aber oftmals Wunder.

Zur Behandlung des Muskelkaters gibt es noch weniger belegte Maßnahmen als zur Vorbeugung. Der Körper kümmert sich normalerweise von allein um die Regeneration der Faserstrukturen, daher gibt es nur Mutmaßungen, wie man den Körper dabei unterstützen kann.

Schonung

Um dem Muskel die Möglichkeit zu bieten, sich regenerieren zu können, raten die Experten zu Ruhe. Diese benötigt der Körper, damit der Heilungsprozess reibungslos ablaufen kann. Will man nicht auf sportliche Aktivität verzichten, sollte man hohe Kraftbelastungen vermeiden. Man sollte eher moderate Belastungen wählen, um erneute Mikrotraumata oder schwerere Muskelverletzungen zu vermeiden.

Dehnen

Als vorbeugende Maßnahme hat sich Dehnen nicht erwiesen. Laut Prof. Böning lässt sich aber der „Bewegungsschmerz durch leichtes passives Dehnen abschwächen“.

Wärme

Jan Pauls spricht von „warmen Wannenbädern“ und anderen „die Durchblutung fördernden Maßnahmen“. Die Idee dahinter ist, dass Wärmeanwendungen unterstützend wirken, weil dadurch mehr Blut an die betroffenen Stellen transportiert wird. Dies bedeutet gleichzeitig eine bessere Versorgung und einen besseren Abtransport von Abfallstoffen, was wiederum die körpereigene Regeneration beschleunigen kann.

Es gibt eine Menge anderer Mittel und Maßnahmen, die angeblich gegen den Muskelkater helfen, Schmerzen lindern und die Heilung unterstützen sollen. Für eine Besserung durch Massagen, Infrarotbestrahlung, Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente gibt es allerdings keinen wissenschaftlichen Beweis. Im Gegenteil gelten Massagen zum Beispiel als absolut kontraproduktiv.

Die Faszien als Mittäter

Es ist nun klar, woher der Muskelkater kommt, was er bewirkt und was man dagegen tun kann. Noch klarer scheint, dass der Muskelkater genau ein menschliches Gewebe betrifft: Den Muskel. Heißt ja Muskelkater und nicht Gelenkkater oder Bindegewebskater. Doch genau da liegt der springende Punkt. Jeder Muskel ist von Bindegewebe umgeben, das heißt, dass mit jeder muskulären Aktivität auch das Bindegewebe beansprucht wird. Forscher, die sich seit längerem mit der Funktion der Faszien im Körper beschäftigen, sind der Meinung, dass bei einem Muskelkater nicht nur das rote Muskelfleisch in Mitleidenschaft gezogen wird.

Der Faszienkater lässt sich mit der Blackroll bekämpfen.

Auch das Bindegewebe kann betroffen sein und durch die zuvor erwähnten mikroskopisch kleinen Einrisse beeinträchtig werden. Dr. Robert Schleip, Direktor der Fascia Research Group an der Universität Ulm, sieht im Bindegewebe sogar die Hauptursache für die Schmerzen bei einem Muskelkater: „Mittlerweile geht man auch davon aus, dass der klassische Muskelkater eigentlich ein ‚Faszienkater‘ ist. Denn die Schmerzquelle kommt nicht aus dem roten Muskelfleisch selber, sondern aus der weißlichen faszialen Muskelhülle.“

Dr. Robert Schleip rät: „selbst aktiv werden!“

Ganz neue Ansätze also. Die Bedeutung der Faszien im Bereich Sport und Gesundheit hat in letzter Zeit durch intensive Forschungsarbeit insgesamt an Bedeutung gewonnen und jede Menge Aufmerksamkeit erlangt. Dr. Schleip sieht viel Potenzial im so genannten Faszien-Training. Das ganze bedeutet nun aber nicht, dass der Muskel in den Hintergrund tritt: „Die Einbeziehung der Faszien sollte sinnvollerweise nur eine kleine, aber wichtige Ergänzung für den Trainingsbereich anbieten.“, so Schleip.

Egal ob nun die Muskeln oder die Faszien Schuld sind an den Schmerzen, ein Muskelkater gehört zum Sport wie die Kopfschmerzen zum Rausch.

Und was ist das Beste am Kater? Er geht vorbei.

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