Vegetarisch im Sport – Geht das?

Rund zehn Prozent der Deutschen sind Vegetarier. Tendenz steigend. Auch immer mehr Sportler verzichten auf Fleisch. Doch wie sinnvoll ist das und worauf muss ich vor allem als Sportler achten?

„Vegetarier essen meinem Essen das Essen weg“. Ein mittlerweile bekannter Spruch, um fleischlose Ernährung ins Lächerliche zu ziehen. Dabei wird vegetarische und sogar vegane Ernährung immer beliebter. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Einige können Fleischkonsum nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren. Andere sind vom positiven Einfluss auf ihre Gesundheit überzeugt. Den Schriftsteller Isaac Bashevis Singer beeinflussten bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wohl beide Faktoren, als er sagte: „Ich bin Vegetarier aus gesundheitlichen Gründen, wegen der Gesundheit der Hühner.“

Gesunder Lifestyle

Ob der Verzicht auf Fleisch sich tatsächlich positiv auf die Gesundheit auswirkt, bleibt umstritten. Eine Langzeitstudie des Krebsforschungszentrums in Heidelberg hatte beispielsweise gezeigt, dass Vegetarier länger leben und vor allem seltener an Erkrankungen des Herz-Kreislauf- Systems leiden. Dabei wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass Vegetarier oft insgesamt einen gesünderen und bewussteren Lebensstil pflegen, sich mehr bewegen und seltener rauchen. Dass Vegetarier ihren Bedarf an Nähr- und Mineralstoffen sowie Spurenelementen nicht ausreichend decken können, gilt als widerlegt. „Es gibt genug Alternativen zu Fleisch„, bestätigt Ökotrophologin Burgunde Uhlig.

Der Allesfresser

Rein evolutionär betrachtet ist der Mensch ein Allesfresser. Sein Verdauungssystem ist darauf ausgelegt, sowohl pflanzliche als auch fleischliche Kost verdauen zu können. Sven-David Müller vom Deutschen Institut für Ernährungsmedizin erklärt allerdings, dass sich der Mensch mittlerweile zu einem Fleischfresser entwickelt habe. Der Konsum liegt in Deutschland bei etwa 60kg pro Jahr und Kopf. Fast 20 Kilo über dem weltweiten Mittelwert. Früher galt Fleisch als Luxusgut. Der Sonntagsbraten hat seinen Namen nicht von ungefähr. In Zeiten von Fast-Food und Massentierhaltung hat das Fleischessen allerdings an Glanz verloren. Viele Menschen verzichten aus ethischen Gründen. Dass es schmeckt, können die wenigsten bestreiten. Bewiesenermaßen kommt der Mensch auch ohne Fleisch aus, im Alltag. Aber wie sieht das bei hoher körperlicher Belastung wie zum Beispiel im Sport aus? Kann ein Sportler seinen Bedarf mit vegetarischer Ernährung überhaupt decken?

Geht’s auch ohne? Fleisch ist fester Bestandteil in deutschen Küchen.

Vegane Profis

Dirk Nowitzki verzichtet auf übermäßigen Fleischkonsum und Kuhmilch-Produkte.CC BY-SA 2.0. Keith Allison

Ob es als Beweis reicht, muss jeder selbst entscheiden, aber einige sportliche Topstars schwören auf vegetarische oder sogar vegane Ernährung. Basketballstar Dirk Nowitzki, Tennis-Ass Venus Williams und der ehemalige Fußballnationaltorwart Timo Hildebrand sind überzeugt von fleischloser Kost oder haben zumindest den Konsum stark verringert. Teilweise gilt das auch für Milchprodukte. Ihre Erfolge sprechen für sich. Natürlich lässt sich dadurch nicht pauschal behaupten, vegetarische Ernährung sei besser, doch ausschließen lässt es sich so auch nicht mehr. Wichtig ist in jedem Fall, auf sein Essverhalten zu achten und genau zu wissen, welche Lebensmittel den Körper mit den nötigen Stoffen versorgen.

Proteinpower

Fleisch und Fisch gelten als die Proteinspender Nummer eins. Vor allem im Sport und ganz besonders bei Kraftsportarten sind viele der Überzeugung, dass ohne eine extrem gesteigerte Eiweißzufuhr keine Leistungssteigerung möglich ist. Proteine sind die Bausteine der Muskulatur. Bei jeder Schädigung der Fasern nach einem Belastungsreiz dienen sie als „Baumaterial“, um die Schäden zu reparieren. Außerdem beruht das Muskelwachstum auf ihnen. Durch spezifisches Training kann der Sportler dafür sorgen, dass seine Muskeln größer werden. Eiweiße sind dabei wie die Ziegelsteine, aus denen eine Mauer immer höher gebaut werden kann. Ziemlich wichtig also. Es ist zwar richtig, dass Fleisch und Fisch viele Proteine enthalten, aber der Körper braucht nicht zwingend tierisches Eiweiß, um Muskeln aufzubauen. Es ist zwar in der Regel leichter verwertbar, doch es gibt viele pflanzliche Alternativen, die genauso ihren Zweck erfüllen. Viel wichtiger ist die richtige Kombination von Eiweißen. So kann ich beispielsweise aus einer Kombination von Milch und Weizen mehr verwertbares Eiweiß ziehen als aus der gleichen Menge Rindfleisch. Eiweißreiche Pflanzenprodukte haben außerdem den Vorteil, dass sie weniger Fett enthalten.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt einen Richtwert für den Proteinbedarf an: 0,8g pro Kilogramm Körpergewicht am Tag. Bei Sportlern ist der Bedarf erhöht. Ausdauersportler benötigen etwa 1,2-1,4 g/kg, Kraftsportler bis zu 1,8g/kg. Selbst der erhöhte Bedarf kann über die „normale“ Ernährung gedeckt werden. Nahrungsergänzungsmittel sind in der Regel nicht nötig. Eine zu hohe Eiweißzufuhr kann außerdem die Nieren belasten, da diese für den Abtransport überschüssiger Stoffe zuständig sind.

Eiweißreiche Alternativen:

  • Quinoa: Ein sogenanntes glutenfreies Pseudogetreide. Vor allem die Samen haben einen sehr hohen Proteinanteil von etwa 14%, enthalten aber auch viel Magnesium und Eisen. Es wird ähnlich wie Reis verwendet, schmeckt relativ neutral und ist leicht zu verarbeiten.
  • Hülsenfrüchte: Erbsen, Bohnen, Linsen… Hülsenfrüchte sind gute Eiweißlieferanten. Kichererbsen enthalten beispielsweise 20% Eiweiß. Noch dazu finden sich in Hülsenfrüchten viele wichtige Vitamine und Spurenelemente.
  • Soja: Lange Zeit spielte Soja nur in der asiatischen Küche oder als reine Nutzpflanze eine Rolle. Dabei ist die Sojabohne mit 37% Proteinanteil eine wahre Eiweißbombe. In der vegetarischen und veganen Küche nutzt man häufig verarbeitetes Soja in Form von Tofu, Sojamilch oder -joghurt.
  • Nüsse: Nüsse gelten als Gehirnnahrung. Neben einer Vielzahl an Vitaminen verfügen sie auch über einen hohen Eiweißanteil. Erdnüsse enthalten zum Beispiel 26% Protein. Nüsse sollten allerdings in Maßen genossen werde, da sie auch über einen sehr hohen Fettanteil von teilweise über 50% verfügen. Es handelt sich allerdings um die „weniger gefährliche“ Form der ungesättigten Fettsäuren.

Auf den richtigen Spurenelementen, Vitaminen und Mineralstoffen

Bei körperlicher Betätigung muss der Körper seine Systeme hochfahren. Vor allem der Stoffwechsel wird mehr beansprucht als in Ruhe. Dabei wird nicht nur der klassische Treibstoff bzw. Energielieferant Kohlenhydrat verbraucht. Um die meisten Abläufe im Körper am Laufen zu halten, benötigt er Mineralstoffe, Vitamine und Spurenelemente. Die Mengen sind nicht vergleichbar mit dem Bedarf an Kohlenhydraten oder Proteinen, aber ein Mangel kann schnell negative Folgen haben. Der Bedarf an bestimmten Mineralstoffen und Spurenelementen kann bei einen Leistungssportler teilweise um das doppelte, bei Zink und Eisen sogar um das dreifache erhöht sein. Umso wichtiger genau darauf zu achten, woher ich die Stoffe am besten beziehe.

Eisen: Als eines der wichtigsten Spurenelemente erfüllt Eisen essenzielle Aufgaben. Es unterstützt die Regeneration roter Blutkörperchen und ist dadurch mitverantwortlich für den Sauerstofftransport in die Zellen. Der Mensch braucht Eisen auch für Vorgänge im Energiestoffwechsel, zur Produktion von Botenstoffen und für die Regeneration von Knochen, Knorpeln und Gewebe.

Ein sicherer Eisenlieferant ist Fleisch. Es liefert nicht nur ausreichende Mengen, sondern vor allem für den menschlichen Körper gut verwertbares Eisen. Aber ähnlich wie bei den Proteinen kommt es auch auf die richtige Kombination an. Hilfreich können Lebensmittel sein, die Vitamin C enthalten, da dies unterstützend bei der Resorption von Eisen wirkt. Dem Wiener Ernährungsmediziner Cem Ekmekcioglu zu Folge leiden Vegetarier nicht öfter an Eisenmangel als Fleischesser. Nur ihre körpereigenen Eisenspeicher sind meist weniger gut gefüllt, bewegen sich aber im Schnitt dennoch im Normbereich.

Eisenhaltige Alternativen:

Hülsenfrüchte: besonders Kichererbsen und Linsen

  • Nüsse: besonders Kürbiskerne und Sesamsamen
  • Gemüse: besonders Spinat, Fenchel, Rucola, Zucchini
  • Trockenfrüchte: besonders Pfirsiche und Aprikosen

Zink: Auch Zink ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das so einige Augaben erfüllt. So spielt es eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel, weshalb der Körper vor allem beim Sport viel davon verbraucht. Zink ist aber auch ein wichtiger Faktor für unser Immunsystem. Es wirkt entzündungshemmend, stärkt die Abwehr und fördert die Wundheilung.

Genau wie beim Eisen kann der menschliche Körper vor allem Zink aus tierischen Quellen gut verwerten. Studien zufolge weisen Vegetarier aber keinen übermäßigen Zinkmangel auf. Da Zink aber nicht nur in Fleisch und Fisch enthalten ist, gibt es Alternativen.

zinkreiche Alternativen:

  • Käse: besonders Edamer, Gouda oder Camembert
  • Nüsse: besonders Paranüsse, Sonnenblumen- und Kürbiskerne
  • Getreide: besonders Haferflocken und Buchweizen

Magnesium

Der Mineralstoff Magnesium ist ein aktives Kerlchen. Über 300 Enzyme aktiviert er und ist zuständig für den Stoffwechsel, die Energieversorgung der Muskeln, starke Zähne und Knochen. Fehlt dem Körper Magnesium wirkt sich das vor allem negativ auf das Nervensystem und dadurch auf die Muskeltätigkeit aus. Für Sportler ist es daher umso wichtiger, gut mit Magnesium versorgt zu sein.
Auch hier ist Fleisch ein zuverlässiger Lieferant, doch wie zuvor kann man getrost auch auf Alternativen zurückgreifen, ohne einen Mangel befürchten zu müssen.

magnesiumreiche Alternativen:

  • Nüsse: besonders Kürbiskerne, Mandeln und Erdnüsse
  • Getreide: besonders Reis, Hirse und die Pseudogetreide Quinta und Amaranth
  • Hülsenfrüchte: besonders Sojabohnen und Kichererbsen

Keine Konkurrenz

Der Unterschied zwischen Vegetariern und Fleischessern wird gerne als Kampf inszeniert, in dem es nur eine richtige Seite geben kann. Die jeweils eigene. Dass es in beiden Fällen aber um eine gesunde, ausgewogene und leckere Ernährung gehen soll, bleibt gerne außen vor. Die Beispiele haben gezeigt, dass man seinen Bedarf an Nähr- und Mineralstoffen durchaus auch ohne Fleisch decken kann. Heißt aber nicht automatisch, dass es deshalb gesünder ist. Der Verzicht auf Fleisch ist kein Garant für ein längeres Leben, denn ich kann mich auch ohne Fleisch ungesund ernähren und vor allem: ungesund verhalten. Am Ende geht es um ein ganzheitliches Gesundheitsbewusstsein aus Ernährung, Bewegung und dem bewussten Umgang mit seinem Körper. Mahlzeit!

Diese Kurse und Workshops könnten dich interessieren

Koordinationsleiter 2.0
Tiki-Taka
Schnelligkeit
Trainingspläne 3
Come Back Stronger
Verantwortung eines Trainers
Koordinationstraining
Kreativtraining

Success message!
Warning message!
Error message!