„Michael Jordan ist erst dann erfolgreich geworden, als er gelernt hat, den Ball zu teilen“

Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Berthold Bisselik ist Cheftrainer der Nachwuchsmannschaften beim FC Bayern München. Allerdings betreut er nicht die jungen Kicker, sondern kümmert sich um die Basketballer. Sein Ziel: In naher Zukunft einen bei Bayern ausgebildeten Spieler in der Bundesliga wiedersehen. Wie er dieses Ziel erreichen will, verrät er uns im Interview.

Außerdem spricht er über gute Jugendtrainer, die Ernährung bei jungen Sportlern und warum er es sich nach 20 Jahren im Geschäft immer noch nicht zutraut, zuverlässige Prognosen über die Entwicklung junger Talente abzugeben. Soviel sei schon verraten: Sich die Schuhe der Kids anzusehen, kann unter Umständen dabei helfen.

Den idealen Spielertypen beschreibt Berthold als „frech, kreativ, mutig und selbstbewusst„. Natürlich muss er auch Basketball spielen können und sich in der Mannschaft zurechtfinden. Denn laut dem Bayern-Coach besteht die große Kunst des Trainerdaseins darin, die Individualität einzelner Spieler im Team zu vereinen.

Für alle, die ihre Augen trainieren wollen, hier das Transkript des Interviews:

Ich heiße Berthold Bisselik, bin 53 Jahre jung und komme vom Niederrhein. Dort habe ich als Kind und als Jugendlicher selber alle Sportarten ausgeführt. Ich habe Judo gemacht, Leichtathletik betrieben, ich habe Tennis gespielt, Fußball gespielt und irgendwann hat mich ein Sportlehrer dazu gebracht, auch Basketball zu spielen. Er hat mich auch sehr früh, wie üblich in kleinen Vereinen, dafür begeistert, neben der Spielerei auch als Trainer tätig zu werden. Nach meinem Abitur habe ich dann an der Sporthochschule in Köln studiert und wollte eigentlich Sportlehrer werden. Aber zu dem Zeitpunkt, als in den frühen 80er Jahren die Lehrerschwemme herrschte, gab es keine Chance, mit Sport und Erdkunde an die Schule zu kommen. So bin ich den riskanten Weg gegangen und wollte Profitrainer werden. 1987 habe ich angefangen als Profitrainer im Basketball zu arbeiten. Seitdem habe ich viel verschiedene Stationen hinter mich gebracht. Angefangen habe ich im Damenbereich in der Bundesliga und habe dann nach drei Jahren in Wedel die Herren aus der zweiten Liga übernommen. Dann bin ich in die erste Liga gewechselt und habe bei mehreren Stationen Profi-Basketball im Seniorenbereich, aber auch immer gleichzeitig ganz viel Jugendarbeit, betreut.
Ich war hauptberuflich Nationaltrainer für die U18 und habe dann auch immer weiter mit verschiedenen Nationalmannschaften auf jeglichem Niveau gearbeitet. Ich bin jetzt seit fünf Jahren hier beim FC Bayern München als Trainer für die Nachwuchsarbeit verantwortlich und trainiere selbst die JBBL-, das ist die U16-Mannschaft in der Bundesliga.

Wir betreiben die Nachwuchsarbeit jetzt seit fünf Jahren. Und wenn man Spitze generieren will, muss man mit Breite anfangen. Unser erstes Ziel war, die Strahlkraft der Marke Bayern München auszunutzen, um Basketball in München, in der Region um München und in ganz Deutschland populärer zu machen und viele Kinder zum Basketball zu bringen. Das ist uns ganz gut gelungen. Und die Erfolge, die wir jetzt nach fünf Jahren schon haben, Deutscher Meister in der NBBL U19 und hervorragende Platzierungen in eigentlich allen Jugendmannschaften, sind immer sehr wichtig für die Außendarstellung und die Aufmerksamkeit. Unser Hauptziel ist es jedoch, Spieler bzw. Spitzenspieler zu entwickeln. Das primäre Ziel ist, dass irgendwann mal ein Münchner Spieler, der bei uns ausgebildet worden ist, in der BBL spielt. Darauf liegt auch unser Hauptaugenmerk. Wir freuen uns natürlich über die Erfolge. Viel wichtiger ist noch, dass dieses Jahr insgesamt 13 Nachwuchsspieler zwischen U15 und U19 in den Nationalmannschaften spielen. Das ist unsere Kenngröße, sie uns besonders wichtig ist und darüber freuen wir uns am meisten.
Wir haben also jetzt diese Grundstruktur gelegt, wir haben alle Mannschaften besetzt und jetzt wollen wir weiter an den Rahmenbedingungen arbeiten, damit genau das passiert, dass in wenigen Jahren auch ein Münchner Spieler aus unserem Programm in der ersten Mannschaft aufläuft.

Um heutzutage erfolgreich zu sein, ist höchste Qualität notwendig. Deswegen ist es uns wichtig, dass wir besonders viele hauptamtliche Trainer haben. Schon für die Spieler ist es heute ganz schwierig, Leistungssport oder Hochleistungssport, das, was wir betreiben, zusammenzubringen mit Schule, Familie und sozialem Umfeld. Das sind alles schon Kleinunternehmer, die wir haben; die mindestens viermal die Woche trainieren, aufs Gymnasium gehen, also ihr Abitur machen wollen und ihre Freizeit minimieren müssen. Der Fokus liegt auf Basketball und Schule und das ist ein hoher Aufwand. Unser Ziel ist, das Ganze optimal zu koordinieren, zu begleiten und die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass das geht. Das heißt, wir müssen uns um Gespräche mit den Lehrern kümmern, Gespräche mit den Eltern kümmern, dass diese hohe Belastung gehbar ist. Das ist das eine. Uns ist ganz wichtig, dass die Spieler lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Heutzutage müssen sie lernen, die angesprochenen Dinge zu organisieren. Wir wollen, dass sie Verantwortung für sich, für ihr Verhalten übernehmen, lernen, mit ihren Eltern zu kommunizieren, lernen, mit der Schule zu kommunizieren, lernen, mit uns Erwachsenen umzugehen. Denn sie müssen in die wenige Zeit, die sie haben, so managen, dass das alles funktioniert. Große Eigenverantwortung für ihr Handeln. Lernen zu kommunizieren mit den Mitspielern und mit den Erwachsenen. Das ist ein ganz wichtiges Ziel, was wir vorantreiben.

Es gibt natürlich wie immer die Ziele im Basketball, die Ziele im athletischen Bereich und dann die Ziele wie: wir brauchen mental starke Spieler, die sich gegen alle Widerstände, die da sind, durchsetzen, mit Konflikten umgehen lernen, lernen, die Emotionen zu regulieren und zu steuern und eben auf dem Basketballfeld möglichst vielseitig sind. Der Anspruch heutzutage an jeden Spieler ist: Sei so vielseitig wie möglich. Das ist nicht so wie früher, dass der Große nur nah am Brett spielen musste, mit dem Rücken zum Korb, sondern heute können selbst die großen Spieler mit über 2,10m sehr vielseitig mit dem Ball umgehen, sie können alle werfen, sie können alle den Ball gut behandeln und sind alle sehr gut in der Fußarbeit. Und das ist auch unsere Idee. Wir wollen jeden so gut wie möglich ausbilden; in allen Bereichen; so vielseitig wie möglich machen, dass er von allen Facetten des Spiels etwas mitbekommt. Im Basketball nennt man das die Fundamentals, die Grundlagen. Das ist unser Schwerpunkt in allen Altersstufen. Von der Idee her wäre es uns natürlich lieb, wenn man das so idealtypisch beschreibt, dass der Spieler frech ist, kreativ ist, mutig ist, selbstbewusst ist. Das sind so die typischen Markenzeichen, die man benennt, wenn man Konzepte schreibt. Ich glaube, man muss sehr genau hingucken, sehr individuell sein, was kann der Spieler, was sind seine Stärken und diese Stärken, diese einzigartigen Dinge fördern und dann schauen, wie jemand diese Rollen besetzen kann. Wir wollen Individualisten. Wir wollen Typen. Das hört man im Fußball, das hört man in allen Ballsportarten. Hohes individuelles Vermögen, eingebunden in eine Teamleistung, das ist die große Kunst. Man sagt ja so aus Spaß; nicht nur aus Spaß, sondern auch aus Erfahrung: Ein Michael Jordan ist dann erfolgreich geworden, als er gelernt hat, den Ball zu teilen und zu passen. Dann kamen die Meisterschaften. Und für uns Trainer ist es, glaube ich, eine große Herausforderung, diese Balance hinzubekommen. Individualität zulassen, aber erkennbar machen, dass es ein Mannschaftssport ist, dass Teamregeln dazugehören und man den Ball auch teilen muss; ‚Ballfluss kreiert Spielfluss‘, dass man das versteht als Spieler, ohne die einzelnen Stärken der Spieler zu beschneiden. Beides zu entwickeln, das ist die große Herausforderung für alle Trainer.

Wir haben natürlich ein klares, durchgängiges Konzept und wir machen in allen Altersstufen alles.
Heutzutage ist es so, dass man in der U10 Vielseitigkeit im technischen Bereich einfordert, dass man im athletischen Bereich alles schon trainiert – man macht kein reines Krafttraining, aber man macht Kräftigungsübungen. Je jünger die Spieler sind, je jünger die Teams sind, desto mehr ist das natürlich spielerisch. Im unteren Bereich versucht man, die ganze Trainingseinheit so zu gestalten, dass alles durch Spielformen und nur durch wenig Übungs- und Trainingsformen stattfindet. Je älter die Mannschaften werden, desto mehr kommt das Element des Trainings dazu. Das ist eine wichtige Idee ab der U14, würde ich sagen, wo man anfängt, dass der Spieler oder die ganze Mannschaft trainieren lernen muss. Das zeichnet Hochleistungssport aus. Was heißt es eigentlich zu trainieren? Mit Betreten der Trainingshalle eine Bewusstheit zu erlangen, einen besonderen Fokus zu erlangen und sehr aufmerksam, sehr achtsam Dinge zu tun, zu wiederholen, um sich zu verbessern, um Leistungsfortschritte zu haben. Unsere Aufgabe hier ist es, wie gesagt, die Rahmenbedingungen zu schaffen. In unserer Situation im Moment, wo wir keine Internat-Situation haben, keine Schule für all unsere Spieler haben, ist es so, dass wir im U14 und U16 Bereich sehr umfangreich trainieren. Wenn ich meine Mannschaft anspreche, wir trainieren drei Stunden am Tag. Und in diesen drei Stunden decken wir alles ab: die individuelle Betreuung, das heißt, im Kleingruppentraining, das Einzel- oder Kleingruppentraining bezüglich Wurf und Fundamentals, das Athletiktraining und das Mannschaftstraining. Es bleibt wenig Zeit, zusätzlich auf Freiplätze zu gehen und zusätzlich was zuhause zu machen. Und jeder kriegt trotzdem sein Heimtrainingsprogramm, was dann aber aus wenigen individuellen Übungen besteht. Jeder wird von uns gecheckt, es wird eine Leistungsdiagnostik gemacht. Jeder kriegt dann drei bis fünf Übungen mit nach Hause, die die Beweglichkeit fördern, die Kraft fördern. Jeder eben da, wo er seine größten Defizite hat.

Talentbestimmung im Basketball ist unglaublich schwierig. Ich bin jetzt seit über 20 Jahren im Geschäft und auch ich traue mir heute noch nicht zu, einen 12-, 13- oder 14-Jährigen so vorauszusagen; welche Entwicklung er nimmt. Bei uns ist es so, dass wir nach jeder Saison eine Sichtung machen, mit den Spielern, die bei uns schon in den Mannschaften spielen und denen, die von außerhalb kommen und gerne bei uns mitspielen wollen. Wir sind dann eine Gruppe von mindestens fünf Trainern, die sich dann die verschiedenen technischen Sachen angucken, aber auch den Spieler im Spiel beobachten; wie er sich verhält. Wir haben keine festen Kriterien, wie Sprint oder Sprungkraft oder sowas, sondern nehmen unser Trainerauge, unsere Trainererfahrung, die wir haben, um dann eine mögliche Bewertung abzugeben und müssen dann Entscheidungen treffen. Das ist heutzutage weiterhin sehr schwierig. Ich kann nur von unseren eigenen Spielern sprechen. Wenn man einen Yassin Idbihi hier bei uns spielen sieht, jetzt am Ende oder im Herbst seiner Karriere, der hat bei mir mit 16, 17 Jahren gespielt und das war damals nicht absehbar, dass er einen solchen Sprung macht, Nationalspieler wird und in der ersten Liga auf höchstem Niveau spielen kann. Und das sind für mich wichtige Erfahrungen, dass man nie aufgibt und allen Spielern die Möglichkeit gibt, weiterzumachen. Es gibt ja in der Talentbestimmung die Zehn-Jahres-Regel; dass man zehn Jahre trainieren muss und Zehntausende von Wiederholungen machen muss, um überhaupt im Hochleistungssport anzukommen. Ich glaube, als Trainer darf man einen Spieler, der trainieren will, der sich verbessern will, nie fallen lassen und muss ihn immer unterstützen. Denn es kommen viele Spieler oben an, wo man vielleicht im Jugendbereich noch nicht mit gerechnet hat.

Wir checken natürlich bei allen Spielern das Umfeld. Als Erstes guckt man als Trainer immer sofort auf die Schuhe. Wenn einer mit 12 Jahren Schuhgröße 52 hat, dann kann man davon ausgehen, dass er noch viel wachsen wird. Im Basketball ist mittlerweile die Durchschnittsgröße bei fast zwei Metern bei den Profimannschaften. Das heißt, große Spieler haben eine größere Wahrscheinlichkeit, dass sie ankommen. Aber auch kleine Spieler, die natürlich außerordentlich sein müssen – wenn wir von einem Top-Niveau reden, sind das alles außerordentliche Spieler – haben immer eine Chance. Außerordentliche Eigenschaften, wie Beweglichkeit, Schnelligkeit, gepaart natürlich mit einer außerordentlichen Technik und heutzutage einer Notwendigkeit, gut werfen zu können, ist Voraussetzung. Und das ist es, was man weiter entwickeln muss und die kleinen Spieler müssen in vielen Dingen eben außerordentlich gut sein, um diesen Sprung nach ganz oben zu schaffen.

Scouting und Rekrutierung ist das schwierigste überhaupt. Unser Ziel ist, dass wir eigentlich jeden Jugendlichen in München kennen wollen. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel. Das müssen wir in den nächsten Jahren entwickeln. München und Umland ist traditionell fußballgefärbt. Wir wollen diese Basketballaffinität entwickeln und wir müssen im Prinzip jeden Jugendlichen kennen, um nachher entscheiden zu können ob er für Basketball interessant und interessiert ist. Wir betreuen über 30 Grundschulen über ein ganzes Jahr lang; in der dritten Klasse, wo wir Trainer hinschicken, die dort Basketball anbieten. Aus diesen 30 Grundschulen rekrutieren wir jedes Jahr 30 Kinder, die bei uns in der U10 dann im Verein anfangen. Zusätzlich laden wir jedes Jahr zu sogenannten Try-Outs, zu Sichtungsterminen ein, wo sich jeder vorstellen kann, wo wir uns die Spieler angucken und dann entscheiden, ob sie in unser Programm passen. Das ist sicherlich noch die größte Herausforderung. Wir wollen zur Zeit nur Spieler nutzen und mit Spielern arbeiten, die in München oder im Münchner Umland wohnen, weil wir keine betreute Wohn- oder keine Internat-Situation haben und dem Thema auch sehr kritisch gegenüber stehen, Kinder und Jugendliche aus ihren Familien rauszureißen. Natürlich bekommen wir mit dem Namen, bzw. ich bekomme sehr viele Anrufe aus der ganzen Welt. Wir haben Anrufe aus Asien, aus Neuseeland, aus Australien und ganz viele natürlich aus Europa und auch aus Deutschland von Kindern und Jugendlichen, die bei uns spielen wollen. Das können und wollen wir nicht erfüllen. Unser primäres Ziel ist, deutsche Spieler zu entwickeln und allen Spielern, die in München wohnen, die Gelegenheit zu bieten, Basketball auf hohem Niveau zu spielen und zu trainieren.

Natürlich ist es für jeden Verein, der seinen besten Spieler, sein größtes Talent verliert, schwierig. Das ist nachvollziehbar. Uns wird manchmal unterstellt, dass wir das systematisch tun. Das ist nicht so. Wir werben eigentlich wenig ab. Wenn wir das Gefühl haben, dass in den Vereinen die Arbeit die ausreichende Qualität hat, dann finden wir das gut, dass die Spieler bis zu einem gewissen Alter dort bleiben. Spätestens ab der Jugend-Bundesliga, die es ja nur in wenigen Vereinen in München gibt, ist es uns wichtig, dass sie zu uns kommen, um einfache die Qualitätsstandards, die notwendig sind, spätestens in der U16 anbieten zu können. Die Tür steht natürlich offen für alle Spieler. Und wir wollen mit allen Vereinen zusammenarbeiten, die ja auch nach einigen Jahren wieder profitieren. Wie haben jetzt in unserer jungen Geschichte schon Spieler, die bei uns drei, vier Jahre gespielt haben, den Sprung in die Bundesliga nicht schaffen, zurück gehen in ihren Heimatverein und dort dann in der zweiten Regionalliga oder der ersten Regionalliga eine so dominante Rolle spielen können, die sicherlich der guten Entwicklung bei uns geschuldet ist.

Einen guten Jugendtrainer erkennt man, glaube ich, an seiner Persönlichkeit. Es gibt ganz unterschiedliche Persönlichkeiten. Wichtig ist, glaube ich, dass man authentisch ist und ein großes Maß an Begeisterung mitbringt, versteht, dass es nicht um einen selbst geht, sondern dass es um die Bedürfnisse der Kinder und der Jugendlichen geht und schaut: was brauchen die. Wenn ich in einem kleinen Ort bin, wo man nur zweimal die Woche trainiert, dann muss ich meine Ideen und Maßnahmen darauf abstimmen und nicht auf einmal ein Bundesliga- oder Erwachsenentraining dort machen. Aber wenn ich mit einer großen Freude und Begeisterung in die Halle gehe und egal, welche Altersgruppe ich betreue, die Kinder auf der einen Seite vielseitig weiterentwickle – jeder will an seine Grenzen stoßen, jeder will sich weiterentwickeln, das merkt man – und auf der anderen Seite Spiele organisieren kann, Spielformen organisieren kann, Wettkämpfe organisieren kann, dann kommt da große Freude auf und die Jugendlichen haben Spaß. Also sehr authentisch, mit großer Emotion, mit großer Freude, aber auch mit großer Zuverlässigkeit, den Bedingungen vor Ort und den Bedürfnissen der Kinder und der Spieler gerecht werden.

Ernährung ist ein ganz wichtiges Thema. Natürlich ist das gerade bei pubertierenden Kindern weiterhin schwierig und man muss das jetzt auch nicht übertreiben, aber wir geben unseren Spielern in Fortbildungen Informationen, was überhaupt passiert in unserem Körper, warum das Thema so wichtig ist. Sie bekommen Pläne, unsere Nationalspieler können sogar Ernährungsberatung, sehr individuelle Ernährungsberatung, in Anspruch nehmen; oder auch Spieler die Probleme mit Gewicht haben. Wir haben Spieler im Jugendbereich, die 2,06 m groß sind, die sehr dünn sind und Gewicht machen müssen, die kriegen Unterstützung. Jeder Spieler hat Dokumente von uns, wo genau drin steht, was sie tun können, was förderlich ist. Aber auch da ist die Überzeugungsarbeit das A und O. Ich kann ihnen viel zeigen, wie man einen Shake macht, man muss, glaube ich, sehr gut die Hintergründe erklären, warum das notwendig ist. Wir haben viele Spieler aus dem Umland von München, die nach dem Training über eine Stunde fahrt haben. Und wenn die zum Beispiel nicht lernen, in der Stunde nach dem Spielen sofort zu essen, verliert das Training an Effektivität. Der Trainingsreiz geht verloren und wenn sie erst nach zwei Stunden zuhause anfangen, sich zu ernähren, dann ist das nicht effektiv. Und das müssen sie verstehen. Also es ist wie in allen Dingen: Man muss den Zusammenhang erklären, man muss ihnen nachvollziehbare Sachen geben, die umsetzbar sind. Es gibt natürlich Dinge, wie zum Beispiel Softdrinks oder Fast Food, wo jeder das weiß, wo in Ausnahmen das auch machbar ist, aber je höher das Niveau ist, muss irgendwann die Entwicklung dahin gehen, dass ich weiß, dass ich mich da selbst steuern und mein Verhalten darauf abstimmen muss. Am Ende des Tages zählt das, was ich zu Beginn gesagt habe: die Selbststeuerung, die Selbstdisziplin, die notwendig ist.
Das ist im Mannschaftssport ein bisschen problematisch, weil man sich da immer verstecken kann. Ein Schwimmer, der am nächsten Tag seine Leistung nicht bringt, ein 100-Meter-Läufer, der auf einmal zwei Zehntel langsamer läuft, hat viel einfacheres Feedback und kann das festmachen: ‚Ach ja, ich war gestern zu lange auf, ich habe mich schlecht ernährt.‘ Beim Basketballer gibt es eine Million Möglichkeiten, woran seine erfolgreiche oder nicht erfolgreiche Leistung gemessen werden kann. Aber wir tun alles, um eben ganzheitlich in allen Bereichen zu unterstützen und Hilfestellung zu geben.

Die Frage, wie man Leistungsträger ist, wie man das besondere Talent ist, ist schwierig zu beantworten. Wie gesagt, es sind außergewöhnliche und individuelle Eigenschaften. Es gibt den Spieler, der den unglaublichen Drang zum Korb hat, der immer das Spiel entscheiden will, der ein großes Selbstvertrauen hat und dann, wenn das Spiel auf der Linie ist, wenn es entschieden werden muss, Verantwortung übernimmt. Es gibt den Spieler, der mit unglaublicher Intensität verteidigt und sein ganzes Herz auf dem Feld lässt. Es gibt den Spieler, der im richtigen Moment den richtigen Pass spielen kann und die anderen Mitspieler besser machen kann. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man versteht, dass das Spiel aus verschiedenen Facetten besteht und eine Mannschaft immer unterschiedliche Rollen braucht und man seine Rolle findet. Wenn ich ein außerordentlicher Rebounder bin und in jedem Spiel hinten zehn und vorne zehn Rebounds hole, bin ich für eine Mannschaft unglaublich wichtig. Je vielseitiger meine Fähigkeiten und Fertigkeiten sind, desto größer ist die Chance, dass ich eine Rolle finde, die eine Mannschaft braucht. Ich glaube, das ist das Wichtige, dass man weiß, was benötigt wird, weiß vor allem, was seine Stärke ist und diese Stärke zu einer außerordentlichen Stärke macht, zu einem Alleinstellungsmerkmal vielleicht sogar; dass man sagt: ’das zeichnet mich aus, das ist besonders gut.’ Und was natürlich notwendig ist auf dem Niveau, ist, immer diese Disziplin, regelmäßig trainieren zu wollen, die Disziplin, sich in ein Mannschaftsgefüge, in einen Verein einordnen zu wollen und die Kontinuität, die notwendig ist, das nicht nur einmal in der Woche zu tun, sondern über einen längeren Zeitraum, über eine ganze Saison oder über mehrere Jahre, wenn ich erfolgreich sein will.

Man sagt ja so aus Spaß: ’Diese Super-Talente erkennt man sofort und die machen ihren Weg auch von alleine.’ Das ist genau das. Man muss eigentlich nur die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich das Talent entwickeln kann. Das ist die Hauptaufgabe. Es gibt wenige Spieler, wo ich mir das zutraue. Wenn ich jetzt bei uns im Verein an einen Richard Freudenberg denke, wo sehr früh erkennbar ist, dass er eine Konstitution, eine Physionomie mitbringt, die geeignet ist für den Basketball auf höchstem Niveau, wenn ich ihn dann persönlich kennenlerne und sehe, wie er trainiert, mit welchem Fleiß, mit welchem Bewegungstalent er ausgestattet ist, bringt er alles dafür mit. Ein zweites Beispiel aus meiner letztjährigen Mannschaft: ein Luis Zerban, der als Jugendlicher in dem Alter 2,09 m groß ist mit 15 Jahren, außergewöhnliche Lernbereitschaft und Lernwillen mitbringt und sich in einem Jahr körperlich und spielerisch so entwickelt, dann würde ich die These aufstellen: Wenn sie gesund bleiben und weiterhin Lust und Spaß am Basketball haben, kommen beide oben an; mit oben meine ich Bundesliga und mit einer großen Wahrscheinlichkeit auch in der Nationalmannschaft. Da gibt es viele, die man noch gar nicht auf dem Schirm hat, wo man das vermuten kann. Aber eine Prognose? Nach diesen 20 Jahren habe ich einige Spieler gesehen, wo ich dachte, die schaffen es sicher und die sind dann an irgendwelchen Rahmenbedingungen gescheitert oder wollten irgendwann nicht mehr und hören auf. Oder es sind andere, die es geschafft haben, denen man das gar nicht zugetraut hat.

Also es ist nicht so, dass wir jetzt regelmäßig Mentaltraining machen, aber das mentale Training ist Bestandteil eines jeden Trainings. In der individuellen Ansprache, wenn ich einen Spieler sehe im Training, bezüglich ‚wie gehe ich mit Misserfolg um, wie gehe ich mit Erfolg um, wie gehe ich mit Kritik um‘ und gebe ihm Anleitung, wie er das machen kann, wie er sein Denken, sein Handeln verändern kann, sind wir schon im mentalen Training. Also das reine Vorstellungstraining, wenn man ‚mentales Training‘ wortwörtlich nimmt, das machen wir immer wieder. Das ist zum Beispiel ein Training, das die Spieler wunderbar zuhause machen können. Gerade gestern habe ich ihnen noch gezeigt – wir sind gerade dabei in der Übergangsperiode, viel über Wurf zu machen – das visuelle Training, sich den Wurf richtig vorzustellen, ist schon eine Form von mentalem Training, was sehr erfolgreich sein kann. Das wissen die Spieler vielleicht gar nicht. Wenn ich mir also einen erfolgreichen Wurf immer wieder vorstelle, ist das richtiges Training. Wir nutzen besonders Trainingslager und Turniere dafür, den Spielern Möglichkeiten zu zeigen, wie sie sich entspannen können; für die, die eher aufgeregt sind, wie sich andere Spieler aktivieren können, wenn sie eher ein bisschen lethargisch sind, wie sie mit Misserfolgen umgehen, wie sie ein Selbstbewusstsein entwickeln können, auch in entscheidenden Momenten den Wurf zu nehmen, wie sie mutig spielen können. Wir geben ihnen immer wieder Hilfestellung, wie wir das machen. Im Trainingslager bringen wir sie an ihre Grenzen, damit sie da ein Gefühl für kriegen: Was heißt es eigentlich, wenn ich über meine Leistungsgrenze gehe und so weiter und so fort? Wir machen das in vielen Bereichen, Teamentwicklungs-Geschichten, aber auch sehr individuell: Was braucht der Spieler?

Es ist absolut so, ab der U10: Alle, die das Bayern München Logo auf der Brust haben, haben ein rotes Kreuz auf der Brust. Jede Mannschaft macht gegen Bayern München das beste Spiel und spielt am liebsten gegen Bayern München, weil es für die meisten das größte Spiel ist; einmal gegen Bayern München zu spielen. Das ist eine Riesenherausforderung für unsere Kinder und Jugendlichen, in jedem Spiel gefordert zu werden. Das ist Last und Lust zugleich. Man weiß, es gibt keine einfachen Spiele. Das hat natürlich auch den Vorteil, dass man vermeintlich einfache Spiele immer ernst nehmen muss, dass man in jeder Halle damit rechnen muss, das Gesänge der Eltern, der Fans kommen: ‚Zieht den Bayern die Lederhosen aus‘, bis hin zu Gelächter, wenn mal was nicht klappt. Auch das ist schon ein Prozess des Mental-Stark-Werdens; dieses Trikot, diese Verantwortung, dieses „wir sind wir“ von vorneherein zu entwickeln und so eine eigene Identität zu schaffen. Das ist ja das gute und schöne: wer in dem Verein ist, kriegt die Identität gleich mit. Mit dem Beitritt, mit dem Trikot ist die Identität klar und auch die Idee klar. Und das ist das schöne für uns Basketballer, dass wir das gar nicht entwickeln brauchen, sondern dass die Fußballer das vorgelegt haben, vorgelebt haben auch und wir das übernehmen können. Das ist natürlich ein Riesenspaß und eine Riesenherausforderung, egal auf welchem Niveau, ob in Staffelsee, regional oder bei der Deutschen Meisterschaft so aufzutreten, dass es sympathisch ist und trotzdem klar ist: die arbeiten auf hohem Niveau. Und wir haben ganz tolle Erlebnisse. Wenn ich an die Deutschen Meisterschaften im letzten Jahr in Quakenbrück denke, wo das Publikum für uns war aufgrund der begeisternden Spielweise, wie auch mit schwierigen Situationen umzugehen, wo Eltern mit kleinen Kindern schon umgehen, wie es eigentlich nicht adäquat ist.

Die Schnittstelle zwischen den Profis und den U19, Herren II findet wöchentlich statt. Der verantwortliche Trainer, Oliver Kostic, ist in dauerndem Kontakt mit Svetislav Pešić. Es ist so, dass da Trainingszeiten, Trainingstermine abgestimmt werden, dass einige Spieler, die in der Bundesliga trainieren auch in der zweiten Mannschaft trainieren. Es ist so, dass junge Nachwuchstalente mit ins Trainingslager fahren. Seit diesem Jahr findet dieses Nachwuchstraining U19, Herren II auch ausschließlich hier im Audi Dome statt, sodass auch eine räumliche Nähe geschaffen worden ist. Beim Viertelfinale der Deutschen Meisterschaft hat man gesehen: die komplette erste Mannschaft war da und hat das Team unterstützt. Also da findet ein reger Austausch statt, zwischen den Trainern und die Anbindung zwischen den Profis und den Spielern an der Schwelle, das wollen wir immer intensivieren.

Success message!
Warning message!
Error message!