So bildest du gute Entscheider aus

Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen als Spielanalyst schaust du viel Fußball – verdammt viel Fußball. Die meiste Zeit schaust du Fußballspiele aber nicht live, sondern auf dem Laptop. In einer übersichtlichen Vogelperspektive. Du kannst vorspulen, zurückspulen, die Abspielgeschwindigkeit verändern und dich in aller Ruhe mit deinen Kollegen über Spielsituationen austauschen. In keiner Position ist es wohl so einfach, Entscheidungen einordnen und bewerten zu können – zumindest aus einer rein taktisch-strategischen Perspektive.

Als Trainer hast du es schon deutlich schwerer. Um das Spiel unmittelbar von der Seitenauslinie zu beeinflussen, kannst du nur auf eine einzige Beobachtung zugreifen (Lassen wir die Trainer mit Tablet auf der Bank mal außen vor). Hinzu kommt, dass du das Spiel aus einer anderen Perspektive siehst. Du bist zwar näher an deinen Spielern dran, aber die Draufsicht erleichtert die Bewertung von Spielsituationen in vielen Fällen.

Und jetzt gehen wir noch den Schritt aufs Feld: Wir versetzen uns in die Lage der Spieler. Wie der Trainer hat der Spieler ebenfalls keine Vogelperspektive auf das Feld. Was aber erschwerend hinzu kommt ist, dass der Spieler sich bei der Wahrnehmung bewegen muss und auf vielen Positionen Mitten im Spielgesehen agiert: er kann also nicht zeitgleich den Raum vor und hinter sich oder links und rechts von ihm im Blickfeld behalten.

Was lässt sich daraus Schlussfolgern?

  • Für den Spieler ist es schwierig immer, alle relevanten Informationen für die Spielfortsetzung zur Verfügung zu haben
  • Informationen bilden die Grundlage für das Treffen von Spielentscheidungen
  • Auf dem Feld müssen permanent Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit getroffen werden
  • Das Treffen von guten Entscheidungen als Spieler ist daher in vielen Situationen eine große Herausforderung

Wenn du am nächsten Spieltag also mal wieder denkst „Wie konnte er das nur übersehen?“, stelle dir lieber folgende Frage:

➔ Wie kann ich meinem Spieler dabei helfen, ein guter Wahrnehmer und Entscheider zu werden?

Wie sollten Spieler Entscheidungen treffen?

„In Ruhe trifft man die besten Entscheidungen“ heißt es oft. Doch auf dem Spielfeld fehlt genau diese Ruhe. Spieler stehen unter Zeitdruck, sind in Bewegung und müssen auf unvollständige Informationen reagieren. Zwei anwendungsorientierte Entscheidungsstrategien können erklären, wie trotzdem gute Entscheidungen gelingen:

Take the Best

Bei „Take-the-Best“ wird die Lösungsoption ausgewählt, deren Erfolgswahrscheinlichkeit am höchsten eingeschätzt wird. Werden zum Beispiel zwei freie Mitspieler wahrgenommen, wird abgewogen, welcher Spieler die besseren Bedingungen zur Spielfortsetzung hat.

Take the First

Bei „Take-the-First“ wird der ersten Handlungsidee gefolgt. Diese Entscheidung erfolgt intuitiv, ohne bewusstes Abwägen.

Was ist die bessere Option? Es ist die Frage, wann sich Nachdenken/Abwägen lohnt und wann nicht.

Für Anfänger ist es grundsätzlich besser, wenn sie sich Gedanken über ihr Handeln machen. Sie sollten Situationen auf sich wirken lassen und sie verstehen lernen.

Bei erfahreneren Fußballern sieht es anders aus. Studien zeigen, dass „Take-the-First“ bei Experten meist der bessere Ansatz ist, weil sie auf gespeicherte Erfahrungen aus vergleichbaren Situationen zurückgreifen. Intuition ist in diesem Fall eine Form von unbewusstem Erfahrungswissen.

Training: Wie bilde ich gute Entscheider aus?

Das Wichtigste bei der Ausbildung von guten Entscheidern ist, dass das Training mit dem Treffen von Entscheidungen verbunden ist. Verstehe ich Taktiktraining nur als eine Vermittlung von starren Abläufen (beispielsweise durch Passformen oder einem Coaching, welches jede Entscheidung vorwegnimmt), kann ich am Spieltag keine gute und schnelle Entscheidungsfindung erwarten.

Gleich gehts weiter...

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Quellen
1: Johnson, J. G. & Raab, M. (2003). Take the first: Option-generation and resulting choices. Organizational Behavior and Human Decision Processes, 91(2), 215–229

Autor: Luis Österlein

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