Wie baue ich eine Trainingseinheit richtig auf? – Das S-Ü-S-Modell bringt Struktur ins Spiel

Wer Kinder oder Jugendliche trainiert, kennt das Gefühl: Kaum pfeift man zur ersten Übung, fliegen schon die Bälle, Rufe hallen über den Platz – und ehe man sich versieht, herrscht das pure Fußballchaos. Doch genau hier entscheidet sich, ob dieses Chaos zu einer wertvollen Lernumgebung wird – oder zu 90 Minuten, in denen wenig hängenbleibt.

Ein gutes Training ist kein Zufall. Es folgt einem roten Faden, der Spaß, Lernen und Spielfreude miteinander verbindet. Und genau hier kommt das S-Ü-S-Modell ins Spiel – ein Ansatz, der den klassischen Übungsbetrieb auf den Kopf stellt.

Denn was wäre, wenn die Spieler von Anfang an im Spiel lernen, statt zuerst isoliert zu üben? Was, wenn man den Trainingsaufbau so gestaltet, dass Spielintelligenz, Technik und Entscheidungsverhalten gleichzeitig gefördert werden – ganz ohne langweilige Reihenübungen?

Im Kern geht es beim Spielen – Üben – Spielen um mehr als nur eine Abfolge von Phasen. Es ist eine Philosophie. Eine, die das Spiel ins Zentrum rückt – und vielleicht die Antwort auf eine Frage liefert, die sich jeder Trainer irgendwann stellt:

Das S-Ü-S-Modell: Spielen – Üben – Spielen als Schlüssel zu effektivem Lernen

Das S-Ü-S-Modell – Spielen, Üben, Spielen – ist längst mehr als nur eine Trainingsstruktur. Es spiegelt die moderne Trainingsphilosophie wider, wie sie auch in der aktuellen „Trainingsphilosophie Deutschland“ des DFB verankert ist: Ein Training, das Freude, Intensität und Wiederholung in den Mittelpunkt stellt.

Statt klassisch mit isolierten Technikübungen zu beginnen, rückt das S-Ü-S-Modell das Spiel selbst ins Zentrum. Es geht darum, dass Spieler von Beginn an in realen Spielsituationen lernen – mit Gegnern, Entscheidungen und echten Herausforderungen. Der DFB spricht in diesem Zusammenhang davon, „Spielerinnen und Spieler aktiv zu machen“: viele Ballkontakte, kurze Wartezeiten, permanente Beteiligung und ganz viel Freude am Spiel. Genau das liefert dieses Modell.

DFB-Trainingsreform: Deutschlands neue Trainingsphilosophie

Der Online-Kurs bietet praxisnahe Einblicke von Antonio Di Salvo und Steffen Winter in die Jugendarbeit, mit Fokus auf Spielfreude, Motivation, Intensität und klar strukturierten Übungsformen.

1. Spielen – der Start ins echte Geschehen

Das Training beginnt mit einer Spielform. Sie sorgt für Emotion, Motivation und Tempo – und zeigt dem Trainer, welche Themen im Spielverhalten auffallen. Es ist gewissermaßen die Analysephase, in der Probleme und Potenziale sichtbar werden.

2. Üben – gezielt an den Stellschrauben drehen

Im Anschluss wird das, was im Spiel sichtbar wurde, gezielt geübt. In dieser Phase werden technische oder (individual-)taktische Inhalte reduziert, strukturiert und wiederholt – etwa das Passspiel unter Druck, das Anlaufen oder das Verhalten beim Ballverlust. Der DFB betont hier die Wichtigkeit der Wiederholung, allerdings „nicht als Monotonie, sondern als Variabilität im Kontext des Spiels“. Genau das passiert in dieser Übungsphase: Wiederholen, ohne Langeweile – immer mit Bezug zum Spiel.

3. Spielen – das Gelernte in Aktion

Zum Abschluss folgt erneut eine Spielform. Hier geht es um den Transfer: Können die Spieler das eben Geübte im Spiel anwenden? Jetzt entsteht der eigentliche Lerneffekt. Das Spiel ist dabei nicht Belohnung, sondern Prüfstein – und zugleich der Moment, in dem Freude, Intensität und Lernen zusammenfließen.

So verknüpft das S-Ü-S-Modell die drei zentralen Säulen der modernen deutschen Trainingsphilosophie: Freude (durch Spielformen), Intensität (durch viele Aktionen und Beteiligung) und Wiederholung (durch gezielte Übungsphasen). Damit wird Training nicht nur strukturierter, sondern auch spielnäher, lebendiger und wirkungsvoller – ganz im Sinne der Entwicklung, die der DFB aktuell deutschlandweit im Kinder- und Jugendfußball vorantreibt.

Top-3-Spielformen aus der DFB-Trainingsphilosophie

Wer mit dem S-Ü-S-Modell arbeitet, weiß: Das Modell lebt von kleinen Spielformen. Dort geht es darum, zu sehen, was die Spieler bereits können – und was vielleicht noch fehlt. Genau dort liegt die große Stärke des Modells: Man startet mit einer Spielform, beobachtet, welche Verhaltensweisen oder technischen Details noch unsauber sind, und kann daraufhin das „Üben“ ganz gezielt steuern. Wenn also etwa auffällt, dass der Torabschluss unsauber, das 1-gegen-1 zu zögerlich oder das Freilaufverhalten zu passiv ist, kann man diese Themen im anschließenden Übungsteil punktgenau vertiefen – zum Beispiel mit einer einfachen, wiederholungsintensiven Hütchenform.

Doch im Folgenden geht es zunächst um den ersten Schritt im S-Ü-S-Modell: das Spielen. Wir stellen drei Spielformen vor, die direkt vom DFB stammen, regelmäßig in der Ausbildung eingesetzt werden und sich perfekt eignen, um technische, taktische und mentale Trainingsziele ganzheitlich abzudecken. Diese Formen sind einfach aufzubauen, schaffen viele Aktionen und lassen sich immer wieder variieren – egal, ob im Grundlagen- oder Leistungsbereich.

Spielform 1: 3-gegen-3 mit Überzahlspieler im Zentrum 

Die erste Spielform ist das 3-gegen-3 mit einem Überzahlspieler im Zentrum, inspiriert von Hannes Wolf. Hier entsteht sofort Leben auf dem Platz: Zwei Teams greifen an und verteidigen, während der neutrale Spieler im Zentrum ständig neue Spielsituationen schafft. Dadurch ergeben sich automatisch Überzahlsituationen, die das schnelle Erkennen und Ausspielen fördern – ein perfektes Beispiel für das Prinzip „Lernen im Spiel“. Die einzige Regel: Tore zählen nur bei direktem Abschluss. Das sorgt für Konsequenz, Tempo und zielgerichtetes Handeln. Diese Spielform deckt fast alles ab, was modernes Training ausmacht – Wahrnehmung, Technik, Kommunikation und Entscheidungsqualität – und ist gleichzeitig eine ideale Einstiegsform in jede S-Ü-S-Einheit.

Spielform 2: 3-gegen-3 mit tiefem Anspieler 

Die zweite Spielform, das 3-gegen-3 mit tiefem Anspieler, betont ein zentrales Prinzip der DFB-Philosophie: das Sehen und Nutzen der Tiefe. Durch den neutralen Spieler neben den Mini-Toren lernen die Spieler, Pässe in die Tiefe zu erkennen und gezielt einzusetzen. Erst wenn dieser Anspieler vor einem Torabschluss gefunden wurde, zählt das Tor – ein einfaches, aber wirkungsvolles Regelprinzip. Dadurch wird der Fokus automatisch auf Raumwahrnehmung, Timing und Passqualität gelenkt. In Kombination mit bewusst platzierten Ball-Depots zwischen den Toren entsteht ein Spiel mit maximaler Aktivität, in dem kaum eine Sekunde Leerlauf bleibt – ganz im Sinne der DFB-Idee: „Mehr Aktionen, mehr Lernen.“

Spielform 3: 4-gegen-4 plus 1 

Als dritte Spielform eignet sich das 4-gegen-4 plus 1, das besonders gut Themen wie die „Goldene Zone“ oder den zielgerichteten Torabschluss abbilden kann. Es ist eine kompakte, flexible Form, die man mit kleinen Regeländerungen stark steuern kann – etwa durch Kontaktbegrenzungen, Bonuspunkte für zentrale Abschlüsse oder durch bewusst positionierte Bälle außen. So entsteht ein Training, das gleichzeitig Technik, Abschlüsse und Spielintelligenz schult, aber auch psychologische Elemente wie Mut und Risikobereitschaft fördert. Das 4-gegen-4 plus 1 ist damit die perfekte Abschlussform im S-Ü-S-Modell: Es verbindet das Geübte mit der Spielfreude, die am Ende jeder guten Einheit stehen sollte.

Fazit: Vom Spielen lernen – und das Training mit Leben füllen

Diese drei Spielformen zeigen, wie moderne Trainingsgestaltung heute aussieht: spielfokussiert, dynamisch und lernorientiert. Und vor allem – sie bilden die Basis, um das Üben im Anschluss zielgerichtet und individuell anzupassen. Denn erst wenn aus Beobachtung gezieltes Training entsteht, wird aus Spielen, Üben, Spielen ein echter Entwicklungsprozess.

DFB Trainingsprinzipien Online-Kurs mit Hannes Wolf und Sabine Loderer

Mehr Ballaktionen. Mehr Spielspaß. Mehr Entwicklung.

In diesem Kurs lernst du die DFB-Trainingsphilosophie kennen und erfährst, wie du sie in deinem Training anwendest.

Wenn du weitere Spielformen suchst – oder auch Übungsformen, die perfekt in das S-Ü-S-Modell passen – bei uns findest du nicht nur praxisnahe Trainingsinhalte, sondern auch komplette Vorträge und Sessions zur „Trainingsphilosophie Deutschland“ und modernen Spielformen direkt vom DFB. Inspiration, Wissen und Umsetzung – alles an einem Ort.

Author: Pascal Feber

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