Im zweiten Teil des 1x1SPORT-Interviews spricht Max über Angriff, Verteidigung, Technik, Volleyballtraining im Schulunterricht und sein Erfolgsrezept:
Teil 1 schon gesehen? Hier ist er.
Guckst Du noch oder liest Du schon? Hier das Interview in Schriftform:
Defense wins championships
Was meinst du denn, was ist wichtiger: Abwehr oder Angriff?
„Ja, das ist so eine Frage. In allen Ballsportarten kann man die eigentlich stellen. Ich glaube das haben schon andere Trainer vor mir beantwortet. Im Basketball zum Beispiel gibt’s einen Satz: Offense wins games, defense wins championships“. Also der Angriff gewinnt dir halt ein Spiel und die Abwehr gewinnt dir aber die Meisterschaften und ich denke, dass das im Volleyball genauso wie im Beachvolleyball exakt so ist. Im Volleyball teilt man das ja eigentlich in K1 und K2 ein, also Blockabwehr heißt es ja. Es gibt viele, viele Mannschaften, die einen sehr guten K1 haben. Das heißt, sie haben absolut stabil Annahme, Zuspiel, Angriff und sind schwer zu knacken, aber letztendlich das reicht nicht. Die Meisterschaften gewinnen die Teams, die am meisten Druck entwickeln im Aufschlag und selbst in Block und Abwehr. Denn, wer den K1 nicht hinbekommt in normalen Umständen, der kann eh einpacken. Aber dieser K2 ist im Grunde so ein bisschen… das eine ist die Kür, das andere ist die Pflicht. Die Pflicht wäre jetzt der Angriff und die Kür ist aber die Abwehr. Und nur mit der gewinnt man die Medaillen.“
Der Aufschlag macht den Unterschied
Wie ist das mit dem Aufschlag: Trainierst du das auch noch mit den Jungs? Kann man das alleine für sich trainieren oder wie macht man das?
„Also per se ist schon mal der Aufschlag im Volleyball immer das Entscheidende, wenn zwei Mannschaften, die auf Augenhöhe oder nicht weit voneinander entfernt sind. Da ist der Aufschlag immer der Schlüssel zum Sieg. Der Aufschlag muss auf jeden Fall sehr viele Wiederholungen haben. Man muss sehr viele taktische Varianten auch haben, weil jeder Gegner anders ist und jeder andere Schwächen hat. Letztendlich müssen es die Spieler natürlich auch viel alleine trainieren. Einfach, um eine gewisse Wiederholungszahl da zu bekommen. Da geht’s um Perfektion. Eigentlich geht’s beim Aufschlag um Perfektion und um nichts anderes. Eigentlich müssen die 300 Mal pro Woche aufschlagen.“
Technik vor Athletik
Angenommen man ist eine Mannschaft einer unteren Liga, woran sollte man zuerst feilen: an Grundlagen wie Sprungkraft oder Ausdauer oder Schnelligkeit oder eher an den Volleyball-Techniken direkt?
„Normalerweise auf jeden Fall an den Volleyball-Techniken. Wobei ich schon dafür bin, die athletischen Fähigkeiten nebenbei so auszubilden, dass derjenige keine Schmerzen bekommt, das heißt verletzungsprophylaktisch zu arbeiten. Wir haben jetzt in den Film eine Sache rein gebaut, da haben wir einen sogenannten Kniestand. Das heißt, dass ich mich, immer wenn ich den Ball spiele, so hinstelle, dass ich quasi wie ein Mensch dastehe. Also ich stehe so da, dass meine Muskeln und Gelenke effektiv arbeiten und verletzungsprophylaktisch arbeiten. Wenn ich das in diese Grundtechniken rein bekomme, dann arbeite ich quasi auch im athletischen Bereich mit denen und kann dann auch Intensitäten so hoch gehen, dass sie quasi was tun. Also wenn ich jetzt im Volleyball sehr oft mit Vollgas springe, dann werde ich letztendlich auch höher springen. Das heißt, man kann das alles in den Ball integrieren.“
5 gegen 5 im Schulsport ist Quatsch
Wäre denn so ein Training, wie wir das auch im Film gezeigt haben, auch im Sportunterricht umsetzbar oder ist das eher schon für richtige Volleyballvereine?
„Ne, im Sportunterricht müsste man ganz, ganz anders denken, ganz anders arbeiten. Die Voraussetzungen in der Schule sind da ganz anders. Die Realität liegt in der Regel bei über 30 Kindern pro kleiner Halle, also pro Einfach-Turnhalle. Das ist die Realität. Da gibt’s sehr, sehr sportliche Kinder und sehr viele nicht sportliche Kinder. Und das sind komplett andere Ansätze. In der Schule würde ich eigentlich Volleyball nur Eins gegen Eins spielen erstmal.“
Ball über die Schnur?
„Naja, ob das jetzt eine Schnur oder ein Netz ist, ist letztendlich total egal. Der Ball kommt irgendwo drüber, das Spiel ist aber Eins gegen Eins, nicht Sechs gegen Sechs. Das heißt je besser die Leute sind, desto eher kann man da anbauen. Aber Eins gegen Eins, Zwei gegen Zwei, Drei gegen Drei, das reicht erst einmal vollkommen meiner Meinung nach. Und wenn sich alle Lehrer an ein Eins gegen Eins halten, dann haben sie einen super Sport-Unterricht.
Also Eins gegen Eins ist relativ simpel. Das heißt – wie es schon sagt – eine Person gegen oder mit eine Person übers Netz. Und dann kann man das Ganze wie im Tennis gestalten. Das heißt man hat eine Ballberührung, spielt halt immer den Ball rüber und wieder zurück. Wie bei den French Open schaut das dann aus. Und dann kann man das natürlich sukzessive erweitern, je besser die werden. Dann setze ich eine zweite Ballberührung, dann dürfen sie ein Mal hochspielen und den zweiten rüber. Und wenn sie dann schon richtig gut sind, dann machen sie das mit drei Berührungen. Und damit bin ich eigentlich mit einem Sportjahr in der Schule schon fast durch.
Also ich bin noch Lehrer am Gymnasium und der Schulalltag ist dann schon, dass es 35 Kinder sind pro so einer Stunde. Und dann muss man natürlich ein Längsnetz in die Halle stellen. Das heißt, es ist schon einmal wichtig, dass das Netz von einer Seite zu der anderen geht – quasi andersherum als wir das jetzt in diesem Film haben. Das wäre ein Quernetz. Längs wäre jetzt einmal durchs ganze Spielfeld. Einfach, weil ich dann viel mehr Spielfelder habe und die Kinder dann Eins gegen Eins überhaupt spielen können. Und ich mache das komplett nur so. Die spielen dann erst einmal den Ball die ganze Zeit übers Netz. Teilweise fangen sie ihn, teilweise nicht. Aber sie haben letztendlich auch wieder pro Minute so und so viele Wiederholungen. Und wenn die jetzt zu fünft auf dem Feld stehen, haben die natürlich pro Minute ein Fünftel dieser Wiederholungen. Wenn’s überhaupt hoch kommt. Letztendlich lernt man gerade am Anfang nur durch Zuschauen und Wiederholen, durch nichts Anderes. Das heißt ich muss noch nicht mal etwas erklären als Lehrer in der Schule, sondern ich mache das ein Mal vor und dann wiederholen die. Nur so lernt man motorische Bewegungen, nicht anders.“
Mit Kreiselübungen von der Kreisliga in die Bundesliga
Hast du denn eine bestimmte Lieblingsübung von denen, die du uns gezeigt hast?
„Ach, eigentlich so eine richtige Lieblingsübung habe ich so gesehen nicht – vielleicht diese Kreiselformen. Ich hatte da so ganz viele Übungen hintereinander: Dreier-, Vierer-, Fünfer-, Sechser-, Siebener-, Achterkreisel. Die mag ich grundsätzlich ganz gerne. Da ist kein Netz dabei. Das heißt theoretisch kann ich das im Sommer draußen auf irgendeinem roten Platz machen, auf irgendeiner Wiese machen. Ich kann im Grunde trainieren, ich brauche nicht einmal ein Netz und letztendlich ist das aber Volleyball. Das heißt es ist Abwehr, Zuspiel, Angriff und das in der Unendlichkeitsform. Also diese Kreiselübungen, die kann man letztendlich wiederholen, wiederholen, wiederholen, wiederholen bis alle kaputt sind und mit dem Training aufhören wollen.“
Und man nimmt jedes Mal etwas Neues mit und es ist jedes Mal hilfreich…
„…Es geht auch auf jedem Niveau! Das heißt die Abwehr wird ja immer schwieriger, je fester die Leute auf den Ball hauen. Und die werden immer fester hauen, je öfter sie auf den Ball hauen. Und deswegen erreicht diese Übung von alleine ein immer höheres Niveau. Am Anfang ist sie Kreisliga-Niveau und am Ende ist sie Erstliga-Niveau. Die Übung hat im Grunde unsere Aufstiege mitverfolgt. Die habe ich in der Kreisliga gemacht genauso wie ich sie jetzt in der 1. Liga mache.“
Erfolgsgeheimnis Herzblut
Kannst du uns abschließend noch einmal genau dein Erfolgsrezept offenbaren: Was kannst du den kleineren Volleyball-Vereinen, die vielleicht auch noch mehr erreichen wollen, mit auf den Weg geben?
„Man muss auf jeden Fall das annehmen, was einem woanders gefällt. Das heißt, wenn man sieht, irgendwo wird etwas gut gemacht, muss man auch dreist genug sein und das klauen und einfach die Sachen weglassen, die nicht gut sind. Ich glaub auch, dass ich da nicht der Erste bin, der jetzt diesen Satz sagt, aber genau so ist es. Und letztendlich darf man nicht vergessen, man muss vor allem mit dem Herz dabei sein. Man darf es wirklich jetzt nicht aus irgendwelchen externen Gründen alles immer machen, sondern einfach, weil man Bock drauf hat, weil man Lust hat. Dadurch ist man authentisch meiner Meinung nach, da kann man gar nichts dagegen tun. Wenn einem das Spaß macht, dann werden andere Leute sagen „Hey der Typ, der macht das aus dem Herzen und eigentlich wär‘ ich da gerne dabei und würd‘ da gerne helfen“ und somit sammeln sich immer mehr Leute, die das gut finden und man muss nicht Leute suchen, sondern es kommen Leute zu einem. Und das ist eigentlich das, wie es dann wirklich besser wird.“
Gut, dann bedanke ich mich für das Gespräch und wünsche noch ganz viel Erfolg und Glück für die Zukunft. Und dass ihr auch in der Bundesliga ordentlich was zeigt!
„Dankeschön.“