Momentum im Fussball

Der Begriff Momentum hat seinen Ursprung in der Physik. Es beschreibt den Impuls eines bewegten Objekts. Berechnet wird das Momentum mit Masse x Geschwindigkeit. Je schneller und schwerer sich das Objekt bewegt, desto schwerer ist es zu stoppen.

Impuls = Masse x Geschwindigkeit

Das Konzept Momentum findet auch im Fußball eine Anwendung. Es beschreibt eine Phase, in der eine Mannschaft die Kontrolle über das Spiel hat – sei es durch einen emotionalen Aufwind oder eine taktisch-strategische Überlegenheit. Auch wenn das Momentum im Fußball oftmals abstrakt in Erscheinung tritt, ist es deutlich spürbar.

Das Momentum „wechselt“ die Seiten

In der Regel „wechselt“ das Momentum im Verlauf eines Fußballspiels immer wieder die Seiten. Es kippt von der einen auf die andere Seite und wieder zurück. Dafür sind neben taktisch-strategischen Entscheidungen typischerweise Situationen wie Tore, Chancen oder ein Platzverweis verantwortlich. Solche Situationen können für einen emotionalen Auftrieb sorgen, welcher sich dann auf dem Platz im Gewinn einer Überlegenheit widerspiegelt.

Durch die Abstraktheit und die emotionale Ebene des Momentums, erscheint es willkürlich. Abseits der taktisch-strategischen Komponente wirkt es so, als gäbe es keine Kontrolle über das Momentum. Jedoch gelingt es Top-Teams wie Real Madrid in spielentscheidenden Phasen immer wieder das Momentum auf ihre Seite zu ziehen. Daher halte ich die Auffassung, dass es keine Kontrolle über das Momentum gibt, für eine Trugschluss. Im weiteren Verlauf des Beitrages stellen wir dir 3 Handlungsschritte vor, um das Momentum gezielt auf deine Seite zu bekommen.

#1 Die Arbeit mit dem Momentum

Im ersten Schritt schaffst du in deiner Mannschaft ein Bewusstsein für das Momentum und die Kontrolle darüber. Du gibst deinen Spielern die Überzeugung, dass das Momentum nicht der „Willkür“ unterliegt. Du versetzt sie in eine Perspektive, in welcher das Momentum in ihrem Einflussbereich liegt.

Das ist die Grundlage, um erfolgreich Einfluss auf das Momentum zu nehmen. Deine Spieler werden das Momentum und dessen Wechsel bewusster wahrnehmen. Als nächstes gilt es, deinen Spielern Handlungsoptionen zur positiven Beeinflussung des Momentums an die Hand zu geben.

#2 Kleine Erfolge mit großer Wirkung

Wenn das Spiel ausgeglichen erscheint oder der Gegner am Drücker ist, ist das Zelebrieren von kleinen Erfolgserlebnissen ein Lösungsansatz, um das Momentum auf seine Seite zu ziehen. Nehmen wir als Beispiel einen gewonnenen Zweikampf an der Mittellinie. Ein Szenario, welches zunächst nicht spielentscheidend erscheint. Wird solch ein kleiner Erfolg jedoch zelebriert, kann dadurch ein mentaler Aufwind entstehen, welcher das Spiel nachhaltiger beeinflusst.

Warum?

  • Das Bejubeln von kleinen Erfolgen stellt eine Art Power-Posing dar. Vielleicht hast du davon auch schon mal gehört. Beim Power-Posing werden bewusst selbstbewusste und offenene Körperhaltungen eingenommen, um das eigene Gefühl von Stärke und Selbstbewusstsein zu steigern. Es basiert auf der Erkenntnis, dass unsere Körperhaltung nicht nur Ausdruck unserer inneren Gefühlslage ist, sondern diese auch beeinflussen kann.(1)
  • Gemeinsames Feiern verstärkt das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Teamgeist. Spieler fühlen sich als Teil eines größeren Ganzen, was die Bereitschaft steigert, füreinander zu kämpfen. Die soziale Anerkennung und die positive Interaktionen fördert das Vertrauen.(2)

Diese Prinzipien helfen dir, alle Bereiche deines Trainings zu optimieren.

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#3 Eine Frage der Spielidee

Die Wahl der eigenen Spielidee kann einen erheblichen Einfluss auf das Momentum und deren Wahrnehmung haben. Unterschiede in der Spielidee können dazu führen, dass das eigene Entscheidungsverhalten aktiver oder reaktiver erlebt wird. Zweiteres wird wohl eher dazu führen, dass das Momentum in der Wahrnehmung beim Gegner liegt – er bestimmt über das Handeln und wir richten unsere Entscheidungen danach aus. Verdeutlichen wird das beispielhaft mit 2 unterschiedlichen Ansätzen beim Verteidigen im tiefen Block.

Fokus auf Kontrolle der torgefährlichen Räume

Wir können uns vor allem auf die Kontrolle des zentralen Raumes vor dem Tor fokussieren. Dadurch wird es schwerer, Druck auf den Ball zu bekommen. Der Gegner kann den Block leichter umspielen und seine Aktionen für einen Ballvortrag in die „gefährlichen“ Räume besser und geduldiger vorbereiten. Abseits der torgefährlichen Räume bekommen wir wenig Druck auf den Ball. Ein Ballgewinn wird daher wohl eher stattfinden, wenn der Gegner den Ball in die „gefährlichen“ Räume spielt – also reaktiv.

Auch im tiefen Block die Ballorientierung nicht verlieren

Achten wir im tiefen Block weiterhin auf ein hohes Maß an Ballorienterung, können wir auch abseits der torgefährlichen Räume Druck auf den Ball erzeugen. Eine Folge ist, dass der Raum vor dem Tor numerisch schwächer besetzt sein wird, wenn wir stärker zur bespielten Seite durchschieben. Dafür erschwert der stärkere Druck aber das Bespielen dieses Räume. Außerdem können wir somit leichter Überzahlen und Isolationen in Ballnähe herstellen. Wird der Ball aufgrund des erzeugten Drucks erobert, wird der Ballgewinn als aktives Handeln erlebt.

Mit diesem Vergleich möchte ich nicht zum Ausdruck bringen, dass der eine oder der andere Ansatz grundsätzlich besser ist – beide Optionen bringen Vor- und Nachteile mit sich. Jedoch führt ein reaktiveres / aktiveres Agieren zu der Wahrnehmung, dass das Momentum wohl auf der gegnerischen / eigenen Seite ist.


Autor: Luis Österlein

Quellen

1: Carney, D. R., Cuddy, A. J. C., & Yap, A. J. (2010). Power Posing: Brief Nonverbal Displays Affect Neuroendocrine Levels and Risk Tolerance. Psychological Science, 21(10), 1363–1368. DOI: 10.1177/0956797610383437

2: Kikusui, T., Winslow, J. T., & Mori, Y. (2006). Social buffering: Relief from stress and anxiety. Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, 361(1476), 2215-2228.

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