Wer stehen bleibt, verliert, so viel ist klar. Aber auch wer zu langsam ist, hat gute Chancen das Spiel in den Sand zu setzen. Man muss sich nur mal die Robbens, Ronaldos und Messis ansehen und das Erste, was einem auffällt: sie sind brutal schnell, dynamisch und explosiv. Stellt sich nur die Frage, wie man Schnelligkeit und diese Explosivität im Fußballtraining effektiv und vor allem unterhaltsam und motivierend trainieren kann.
Einfaches Sprinttraining? Ist natürlich eine Option, ob sich die Spieler darüber freuen, ist allerdings fraglich. Steigerungsläufe? Sicher, wenn du beim nächsten Training so wenig Spieler wie möglich im Training haben willst, nur zu. Es gibt aber auch andere Optionen. Wie wär’s zum Beispiel mal mit Sprungkrafttraining? Das bringt Abwechslung ins Training und Sprungkraft bedeutet nicht nur höher, sondern auch schneller. Außerdem heißt Schnelligkeitstraining nicht automatisch, dass der Ball und technische Aspekte im Drill keine Rolle spielen dürfen. Und es gibt noch eine oft vernachlässigte Form von Schnelligkeit: den schnellen Kopf. Der ist mindestens genauso wichtig wie flinke Füße, denn wenn die grauen Zellen Befehle nicht schnell genug weiterleiten, würde selbst Usain Bolt von Oma Hilde schwindlig gespielt werden.
Deshalb haben wir uns mal die Mühe gemacht und einen kleinen aber feinen Trainingsplan mit fünf ganz unterschiedlichen Drills und Übungen zusammengestellt, der dir und deinen viel zu langsamen Spielern dabei hilft, Schnelligkeit effektiv zu trainieren, ohne vor Langeweile vom Stuhl zu fallen. Vorhang auf:
Übung 1
Auf zur Hasenjagd: Schneller Antritt, Technik, Zeit- und Gegnerdruck
Den Anfang macht die Übung „Hasenjagd mit Ball“ von Speedtrainer Sammy Schmale aus Ingo Anderbrügges Fußballfabrik.
Bei der Hasenjagd stehen sich beliebig viele Spieler gegenüber. Die Distanz der gegenüberstehenden Spieler variiert je nach Altersklasse, bewegt sich in der Regel aber zwischen acht und 15 Metern. Die Hasen auf einer Seite haben etwa ein Drittel der Strecke zu absolvieren, ehe sie dort um einen Deckel herumlaufen und zurück sprinten. Die Jäger haben rund zwei Drittel der Strecke vor sich, ehe sie das Feld der Hasen erreichen und sollen diese im Rücksprint natürlich noch vor Ende der Strecke fangen. Wichtig ist hierbei, dass die Spieler zu Beginn in der Bereitschaftsposition ihr Gleichgewicht richtig verlagern. Das Klatschen ertönt und die Hasenjagd ist eröffnet!
Nachdem das Prinzip klar ist, wird der Ball ins Spiel gebracht. Die Hasen starten mit Ball gut bei der Hälfte ihrer eigenen Laufstrecke. Auf das Signal des Trainers dribbeln sie um die Deckel herum und versuchen auf dem Sprint zurück nicht von den Jägern gefasst zu werden. Wenn das für die Jäger zu einfach war, dürfen die Spieler mit Ball gerne noch ein kleines Stück nach vorne rutschen.
Variieren kann man die Übung, indem man die Spieler auf Seite der Hasen das Leder ein Stück vor den Deckel legen lässt. Von dort müssen sie den Ball mit der Sohle oder der Innenseite zurückziehen und wieder zum Sprint an ihr Hütchen ansetzen. Der Erweiterung dieses Spiels sind für den Trainer keine Grenzen gesetzt. Es lässt sich zum Beispiel ohne Ball, mit zurückziehender Sohle, mit der Sohle hinter dem Standbein, mit Kappen, mit Dribbling oder mit einem Trick ausführen. Wichtig ist einzig, dass es den Jägern nicht zu einfach fällt, die Spieler mit Ball zu erreichen. Die sollen sich immerhin noch auf ihre Aufgabe konzentrieren können.
Übung 2
Rein mit dem Ding: Schnelligkeit, Technik & Taktik
Die zweite Übung ist das perfekte Beispiel dafür, wie man Schnelligkeit mit fußballerischen Aspekten kombinieren kann. Beim „Zonenlauf“ trainiert ihr mit den richtigen Laufwegen im Strafraum taktische Aspekte sowie die Ballverarbeitung und den Torschuss.
Spieler 1 startet außerhalb des Strafraums und läuft auf den Flügel. Dort bekommt er einen Pass vom Trainer (oder einem Mitspieler). Anschließend schlägt er eine Flanke in den Sechzehner. Als Trainer kann man durch die folgende Einteilung vorgeben, von wo die Flanke geschlagen werden soll:
A = auf Höhe des Strafraums
B = zwischen Strafraumgrenze und Grundlinie
C = auf Höhe der Grundlinie
Der Strafraum wird ebenfalls in drei Zonen unterteilt, die mit farbigen Hütchen markiert werden.
Zone 1 = am kurzen Pfosten (gelb)
Zone 2 = langer Pfosten (rot)
Zone 3 = Rückraum (blau)
Um Chaos im Strafraum zu vermeiden und das „blinde Verständnis“ zu fördern, gibt es folgende Vorgaben: Wenn nur ein Stürmer in den Strafraum läuft, begibt er sich immer in Zone 1, bei zwei Angreifern sind Zone 1 und Zone 2 besetzt etc. Somit weiß der Flankengeber automatisch, welche Positionen besetzt sind und kann sein Zuspiel darauf abstimmen.
In der Übung kann der Trainer nun vorgeben, von wo die Flanke geschlagen werden soll (ABC) und wie viele Stürmer in den Strafraum laufen. Zusätzlich können Hütchen oder Dummys Verteidiger simulieren.
Übung 4
Jump, Jump, Jump around: Spritziger, schneller & explosiver dank Sprungkrafttraining
Zeit mal über den Tellerrand hinaus zu blicken. Sprungkrafttraining macht nicht nur für Basketballer, Handballer oder Volleyballer Sinn. Wer hoch springen kann, kann auch schnell laufen. Und das schadet bekanntermaßen im Fußball nicht.
Kniesprung Ausgangsposition
So sieht die Ausgangsposition in der anspruchvollsten Variante aus.
Aus dem Kniestand heraus springst du über die Hüftstreckung in die Hocke, sodass du nun mit beiden Füßen auf dem Boden stehst. Um mehr Schwung zu gewinnen, kannst du zunächst die Arme zu Hilfe nehmen. Als Steigerung werden diese an der Seite oder hinter Kopf fixiert. So müssen die Beine einen noch explosiveren Einsatz zeigen. Die Kopplung mit dem Oberkörper ist ziemlich anspruchsvoll, aber mit ein bisschen Training kreigst du es sicher hin. Als weitere Steigerung springst Du, nachdem Du in der Hocke gelandet bist, sofort und explosiv nach oben, ähnlich wie bei einem Blocksprung im Volleyball.
Übung 4
40 Sekunden Vollgas mit Ball: Dynamik, Ausdauer & Technik
Der „Belastungslauf“ ist ideal, um die Spieler mal so richtig auszupowern. Spaß macht er trotzdem und man braucht nicht viele Tools und nur vier Spieler. Perfekt, wenn die Trainingsbeteiligung mal wieder zu wünschen übrig lässt.
Belastungslauf
So sieht der Übungsaufbau aus.
Dabei handelt es sich um eine Belastungsform, in der ein einzelner Spieler technische Aufgaben lösen muss, zum Beispiel Kopfbälle: Dabei befindet sich ein Spieler zusammen mit einem Hindernis inmitten von drei weiteren Spielern. Sie alle halten einen Ball in Händen, den sie ihm in einer festen Reihenfolge abwechselnd zuspielen. Der Spieler köpft ihn zurück, nimmt um das Hindernis, z.B. einen Dummy, den weitesten Weg in Richtung des nächsten Werfers und köpft auch seinen Ball zurück. Das Ganze soll in hohem Tempo geschehen.
Der Spieler sollte zeitig, mit guter Bogenspannung hochspringen und den Ball mit genug Druck zurückspielen.
Je nach Leistungsanspruch kann die Belastungszeit bis zu 40 Sekunden andauern. Geht es darum, den Spieler konditionell an seine Grenzen zu bringen, sogar länger.
Variiert werden können nun der Anwurf sowie der technische Anspruch: Der Ball kann auch mit der Innenseite, aus der Luft oder als Doppelpass am Boden zurückgespielt werden.
Übung 5
Insane in the Brain? Trainiere das Zusammenspiel von Körper & Gehirn
Zum Abschluss noch das versprochene Training für’s Oberstübchen. Wollen wir wetten, dass du’s nicht auf Anhieb schaffst?
Mit der Gehirnübung „Hase & Jäger“ trainiert man die Kommunikation der beiden Gehirnhälften. Zu Beginn kann und sollte man ohne Koordinationsleiter und Schrittfolgen üben und nur die Finger und Hände bewegen. Eine Hand zeigt das Peace-Zeichen (Hase, mit den Handflächen nach vorne) während die andere Hand Daumen und Zeigefinger zu einer Pistole formt (Jäger, Handflächen zum Körper).
Ziel ist es nun, möglichst fehlerfrei zwischen Hase und Jäger zu wechseln, also mit einer Hand den Hase zu zeigen und mit der anderen den Jäger – immer gleichzeitig im Wechsel. Beherrscht man diese Bewegung halbwegs, kann man sie als Zusatzübung in der Koordinationsleiter anwenden. Dadurch trainiert man das Zusammenspiel von Körper und Gehirn. Man wird automatisch merken, wie die Schritte und Bewegungen, die man eigentlich automatisiert hat, unruhiger, langsamer und fehlerhaft werden, weil man sich auf die Fingerbewegungen konzentriert. Man kann „Hase & Jäger zum Beispiel mit dem Samba-Step kombinieren. Dazu positioniert man sich seitlich zur Koordinationsleiter und setzt jeweils abwechselnd einen Fuß in einen Abschnitt der Leiter – jeweils mit Zwischenschritt außerhalb der Leiter.
So bewegt man sich seitlich der Leiter entlang. Um den Schwierigkeitsgrad weiter zu steigern, kann man zusätzlich zu „Hase & Jäger“ noch Klatschbewegungen einbauen. Dann kann man sich beliebige Kombinationen überlegen und die Übung z.B. nach dem folgenden Muster durchführen: Hase & Jäger, Hase & Jäger, Hase & Jäger, Hase & Jäger, Klatschen vorne, Klatschen hinten, Klatschen vorne, Klatschen hinten, Hase & Jäger…usw. Einfach mal ausprobieren, auch wenn es am Anfang sehr schwierig erscheint. Mit ein bisschen Übung macht’s nicht nur viel Spaß sondern bringt auch unheimlich viel.
Schnelligkeitstraining kann also durchaus Spaß machen und abwechslungsreich sein. Probier’s einfach mal aus und teile Deine Erfahrungen, Übungen oder Tipps mit anderen Trainern.