Die Herausforderungen im deutschen Fußball und der Weg zu einer neuen Trainingsphilosophie
Der deutsche Fußball durchläuft eine Phase des Umbruchs, ausgelöst durch ernüchternde Ergebnisse auf internationaler Bühne und eine spürbare Stagnation in der Talententwicklung. Spätestens nach dem enttäuschenden Abschneiden bei der Weltmeisterschaft 2018 und 2022 wurde deutlich, dass sich grundlegende Schwächen in der Spielerentwicklung eingeschlichen hatten. Vor allem die Nachwuchsförderung stand zunehmend in der Kritik. Viele Jugendausbilder übernahmen Trainingsmethoden der Profis, ohne dabei die spezifischen Bedürfnisse junger Spieler zu berücksichtigen. Dieser Fokus auf taktische Disziplin und starre Systeme drängte Kreativität und individuelle Entwicklung in den Hintergrund.
Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren immer weniger Talente den Sprung in die absolute Weltspitze schafften. Spieler mit der Fähigkeit, das Spiel eigenständig zu lenken und unvorhersehbare Momente zu kreieren, blieben Mangelware. Ein weiterer Faktor, der diese Entwicklung begünstigte, ist der Rückgang der Bolzplätze, auf denen viele von uns in der Kindheit auch vor dem Teamtraining viel Zeit verbracht haben. Diese Plätze boten nicht nur Raum für unstrukturierte, kreative Spiele, sondern förderten auch das eigenständige Entwickeln von Fähigkeiten und Strategien im Fußball. Der DFB hat diese Probleme erkannt und mit Hannes Wolf einen erfahrenen Trainer beauftragt, um eine neue Philosophie zu etablieren, die auf die spezifischen Bedürfnisse des Nachwuchses abgestimmt ist.
Ziel ist es, die Ausbildung zu revolutionieren und wieder Spieler hervorzubringen, die technisch versiert, taktisch flexibel und mental stark sind. Was genau diese Änderungen beinhalten und welche Ziele verfolgt werden, wird im weiteren Verlauf des Artikels detailliert behandelt.
Mehr Freude, Intensität und Wiederholung für alle Spieler auf jeder Position
Ein zentraler Aspekt der neuen Trainingsphilosophie im deutschen Fußball ist die Schaffung von mehr Freude und Motivation im Training – von der F-Jugend bis zur A-Jugend. Diese Aspekte dürfen im gesamten Ausbildungsprozess nicht fehlen, um sicherzustellen, dass junge Spieler auch langfristig dem Fußball treu bleiben und nicht in anderen Sportarten oder Aktivitäten ihr Interesse finden. Ein Verein, der viele E-Jugenden hat, aber keine A-Jugend mehr stellen kann, hat möglicherweise versäumt, den Spielern die Begeisterung für das Spiel zu vermitteln. Um die Begeisterung der Spieler zu fördern, müssen Einheiten nicht nur anspruchsvoll, sondern auch abwechslungsreich gestaltet werden. Insbesondere in kleinen Spielformen haben alle Spieler die Möglichkeit, aktiv am Geschehen teilzunehmen und sich in verschiedenen Rollen auszuprobieren. Dadurch entsteht eine dynamische Trainingsatmosphäre, in der jeder Spieler gefordert wird, unabhängig von seiner Position.
Die Intensität der Trainingseinheiten kann durch verschiedene Methoden deutlich gesteigert werden. Bällepools, bei denen mehrere Bälle gleichzeitig im Spiel sind, erhöhen die Dynamik und sorgen dafür, dass die Spieler kontinuierlich gefordert werden. Die Einführung einer Shotclock, die den Spielern ein Zeitlimit für Abschlüsse setzt, fördert das schnelle Denken und Handeln. Auch das „Schnepfen-Einspielen“ – bei dem Spieler im Wechsel in verschiedenen Positionen und Situationen agieren – bringt frischen Wind in die Einheiten und steigert die Spielintensität.
Wichtig ist zudem, dass die Spieler durch gezielte Wiederholungen in Spielformen und Übungsformen ständig aktiv bleiben. Eine niedrige Spieleranzahl in den Einheiten reduziert die Standzeiten und ermöglicht es den Spielern, häufiger in die Aktion involviert zu sein, ohne mehrere Minuten warten zu müssen, bis sie beispielsweise einen Abschluss erzielen. Diese Struktur hält die Spieler engagiert und motiviert.
Um die Freude am Spiel zu fördern, sollten Abwechslungen zwischen Übungs- und Spielformen in die Trainingseinheiten integriert werden. Ein Fangspiel zu Beginn des Trainings kann nicht nur die Stimmung auflockern, sondern auch die Spieler aktiv in Bewegung bringen. Darüber hinaus sollte das freie Spielen gefördert werden, um die Kreativität der Spieler anzuregen und ihre Freude am Fußball zu steigern. Diese Kombination aus Intensität, Wiederholung und abwechslungsreichen Elementen sorgt dafür, dass sich die Spieler sowohl individuell als auch im Team weiterentwickeln und gleichzeitig Spaß am Spiel haben. In dieser neuen Trainingskultur wird jeder Spieler zu einem aktiven Teil des Geschehens, was nicht nur seine Fähigkeiten verbessert, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl im Team stärkt.
Fokus auf Nettospielzeit: Mehr Praxis, weniger Leerlauf
Viele Fußballtrainer stehen vor der Herausforderung, ihre Spieler aktiv und oft am Ball zu halten. Zu häufig sind Trainingseinheiten von langen Erklärungen und statischen Übungen geprägt, wodurch die Kinder nur wenig Ballkontakte und selten realistische Spielsituationen erleben. Kleinere Spielformen wie 3 gegen 3 bieten hier eine Lösung: Spieler haben deutlich mehr Ballaktionen, Zweikämpfe und Torschüsse im Vergleich zu größeren Formaten. Hochgerechnet auf viele Einheiten entstehen enorme Entwicklungsfortschritte – und das ohne zusätzlichen Zeitaufwand.
Für Jugendspieler (U8 bis U16) wird eine wöchentliche Nettospielzeit von mindestens 48 Minuten empfohlen, bei Älteren ab U17 mindestens 32 Minuten. Diese intensiven Minuten in kleinen Spielformen sind entscheidend für die Entwicklung.
Mehr über Nettospielzeit und wie du sie erreichst, findest du hier: Nettospielzeit im Fußballtraining: Mehr Freude und Intensität für spürbare Fortschritte auf dem Platz.
Die beste Trainingseinheit
Im modernen Fußballtraining spielt eine durchdachte und abwechslungsreiche Trainingsgestaltung eine entscheidende Rolle für den Erfolg auf dem Platz. Es geht nicht nur darum, die körperliche Fitness der Spieler zu verbessern, sondern vor allem auch ihre individuellen Stärken und Fähigkeiten in allen Bereichen – körperlich, technisch, mental und kognitiv – zu fördern. In der deutschen Trainingsphilosophie steht die Entwicklung der ganzheitlichen, individuellen Qualität jedes Spielers im Mittelpunkt. Dabei ist es wichtig, dass das Training diese Prinzipien integriert und den Spielern die Möglichkeit gibt, sich in intensiven, realistischen Spielsituationen weiterzuentwickeln.
Mehr Informationen dazu, wie du Nettospielzeit und Motivation effektiv in dein Training integrieren kannst, findest du hier: [Link folgt].
Vielfalt der Basis-Trainingsformen: Vom 1 gegen 1 bis zum 4 gegen 4
Immer, wenn wir uns für einen Trainingsinhalt entscheiden, entscheiden wir uns gegen einen anderen Trainingsinhalt.
"Was trainieren wir Heute nicht?"
Spielformen wie 1 gegen 1 bis 4 gegen 4 bieten eine ideale Möglichkeit, Jugendspieler gezielt in Technik, Taktik und Teamarbeit zu schulen. Diese vielseitigen Formate ermöglichen es, unterschiedliche Spielsituationen zu trainieren und den Fokus auf verschiedene Aspekte des Spiels zu legen. Durch kleine Anpassungen der Spielfeldgröße oder Spieleranzahl lassen sich spannende Szenarien schaffen, die sowohl das Spielverständnis als auch die Kreativität der Spieler fördern – und dabei den Spaß nicht zu kurz kommen lassen.
Interessiert, wie du diese Methoden effektiv im Training einsetzen kannst? Mehr dazu erfährst du hier:
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